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Welche Auswirkungen haben sie auf unser Raumklima?

Hannover. Zimmerpflanzen erwecken trostlose Büros und sterile Wohnzimmer zum Leben. Sie streicheln die Seele und verbessern angeblich das Raumklima. Aber ist es wirklich immer so gesund, mit Orchideen, Palmen und Co. unter einem Dach zu leben? Auch für Allergiker und Kranke? „Zu diesem Thema gibt es viele Mythen“, sagt Jörg Feldmann von der Bundesanstalt für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz (Baua) in Dortmund.

Zimmerpflanzen verdanken ihren Ruf als Raumluftwunder der US-Raumfahrtbehörde NASA. Auf der Suche nach Methoden zur Verbesserung der Luft an den Raumstationen untersuchte sie in den 1980er Jahren die Luftreinigungswirkung verschiedener Pflanzen. Es wurde festgestellt, dass häufig vorkommende Arten wie der Drachenbaum und Efeutute schädliche Chemikalien wie Formaldehyd und Benzol aufnehmen. Die Experimente fanden jedoch unter speziellen Laborbedingungen statt und können daher nicht auf normale Lebenssituationen übertragen werden. Dies wurde von Umweltwissenschaftlern des Drexel University College of Engineering in Philadelphia bestätigt, die zwölf Studien zu diesem Thema evaluierten. „Pflanzen sind großartig, aber sie reinigen die Luft nicht schnell genug, um die Luftqualität in Wohn- oder Arbeitsräumen zu beeinflussen“, erklärt Studienautor Michael Waring der Universität zufolge. Einmal kurz zu lüften ist viel effektiver.

Sie bemerken kaum ein oder zwei Pflanzen im Raum. Um einen echten Effekt zu erzielen, benötigen Sie einen kleinen Dschungel.

Christian Lindermayr ist Biochemiker am Helmholtz-Zentrum in München

Nur geringe Auswirkungen auf das Raumklima

Ähnlich sieht es der Biochemiker Christian Lindermayr vom Helmholtz-Zentrum in München: „Man spürt nicht viel von ein oder zwei Pflanzen im Raum. Um einen echten Effekt zu erzielen, benötigen Sie einen kleinen Dschungel. In seinen Experimenten stellte Lindermayr fest, dass Pflanzen Stickoxide aus der Luft absorbieren und als Nährstoffquelle verwenden. Dadurch kann der Stickoxidgehalt um bis zu 10 Prozent reduziert werden. „Pflanzen sind auch Feinstaubsammler“, sagt er. „Der Feinstaub lagert sich auf der Blattoberfläche und im Blatt ab.“ In Städten spielen Bäume und andere Grünpflanzen daher eine wichtige Rolle als Luftreiniger. Gilt das aber auch für Innenräume? Der Biochemiker glaubt, dass jeder, der auf dem Land lebt, definitiv von der Belüftung profitieren wird. In der Stadt kann es anders sein: „Wenn Sie auf einer belebten Straße leben, ist es definitiv kein Fehler, Zimmerpflanzen in Ihre Wohnung zu stellen – schließlich schaffen sie auch eine Wohlfühlatmosphäre.“

Pflanzen geben auch Wasser in die Luft ab. Sie eignen sich jedoch nur in begrenztem Umfang als Raumbefeuchter. „Isolierte Topfpflanzen nützen wenig“, betont der Biologe Jörg Feldmann. „Um einen Unterschied zu machen, würde man viel mehr Blattoberfläche benötigen.“ Darüber hinaus geben nur Pflanzen, die – wie Syphus – viel Wasser benötigen, viel Feuchtigkeit ab. Feuchtigkeit kann aber auch schädlich sein. Wenn zum Beispiel Grün die Luftfeuchtigkeit in ungeheizten Schlafzimmern erhöht, ist dies kontraproduktiv: „Dann besteht ein höheres Risiko für Schimmelbildung in den Ecken“, erklärt Mario Blei, Präsident der Gesellschaft für Wohnmedizin, Gebäudehygiene und Innentoxikologie.

Feuchter Boden ist für Allergiker problematisch

Schimmel ist im Allgemeinen ein Problem. Denn auch in dauerhaft feuchter Blumenerde gedeihen Pilze, was insbesondere für Allergiker problematisch sein kann. Sporen in der Luft können unter anderem Atemprobleme verursachen. Deshalb sollten Menschen mit Schimmelpilzallergien zumindest im Schlafzimmer keine Topfpflanzen aufstellen. Abgesehen von Pilzen strotzt feuchte Blumenerde vor anderen Keimen, wie Blei vermuten lässt. Darüber hinaus sind absterbende Teile von Pflanzen und Blättern eine Quelle von Mikroorganismen: „Nichts davon ist ein Grund zur Panik. Wenn Sie jedoch ein geschwächtes Immunsystem haben, sollten Sie mit Zimmerpflanzen vorsichtig sein. „In solchen Fällen ist die Hydrokultur besser geeignet.

Die Pflanzen selbst können auch allergische Reaktionen hervorrufen, die von Hautausschlägen bis zu allergischer Rhinitis, Bindehautentzündung und Asthma reichen. Der bekannteste Auslöser ist die beliebte Trauerfeige (Ficus benjamina) und ihre vielen Verwandten. Der Milchsaft der Pflanze enthält ein allergenes Protein, das dem Latexprotein sehr ähnlich ist. Daher sind Latexallergiker besonders gefährdet. „Die Allergene werden über die Blätter in die Luft freigesetzt und können sich dann an den Hausstaub binden“, erklärt Anja Schwalfenberg vom Deutschen Allergie-Asthma-Verband (DAAB) in Mönchengladbach. Die Stoffe sind sehr hartnäckig und können nach dem Entfernen der Pflanze noch Monate im Raum bleiben. „Manchmal ist eine angebliche Hausstauballergie eine Ficusallergie“, berichtet sie. Laut DAAB sollten Latexallergiker auch immergrüne Pflanzen, Kaffeepflanzen, Kakteen, Oleander, Maniok, Weihnachtssterne, Feigen, Hanf und Hopfen meiden. Es gibt auch viele andere Pflanzen, die häufig Allergien auslösen – vor allem Primeln und Chrysanthemen.

Viele Studien zeigen, dass Menschen einen Raum mit Pflanzen attraktiver finden und sich darin wohler fühlen.

Claudia Menzel ist Umweltpsychologin an der Universität Koblenz-Landau

Grün kann sich immer noch positiv auf die Psyche auswirken

Andere Probleme können durch blühende Topfpflanzen entstehen. Nicht jeder kann den Duft von Blumen vertragen: Stark riechende Pflanzen wie Hyazinthen, Jasmin oder duftende Veilchen können laut DAAB bei Menschen mit empfindlichen Atemwegen zu Beschwerden führen. Es ist daher besser, sie nicht im Schlafzimmer aufzustellen.

Trotz all dieser Einschränkungen haben Zimmerpflanzen ein großes Plus: „Viele Studien zeigen, dass Menschen einen Raum mit Pflanzen attraktiver finden und sich darin wohler fühlen“, sagt die Umweltpsychologin Claudia Menzel von der Universität Koblenz-Landau. Dies liegt zum Teil daran, dass Pflanzen in uns bestimmte Assoziationen auslösen: „Wir können an Natur, Freizeit, Urlaub denken.“ Einige Wissenschaftler erklären auch die innere Verbindung zwischen Mensch und Natur mit der Geschichte der Evolution. Es ist inzwischen gut erforscht, dass Naturerlebnisse wie das Baden im Wald sich positiv auf die Gesundheit auswirken, wie z. B. Blutdruck und Herzfrequenz. „Manchmal reichen Bilder der Natur aus, um das Wohlbefinden zu steigern“, sagt Menzel. Aber es gibt noch einen weiteren Aspekt, den ich berücksichtigen muss: „Wenn ich mich um eine Pflanze kümmere, habe ich ein Gefühl der Kontrolle. Ich fühle mich mit der Pflanze verbunden. Jeder, der heutzutage alleine im Home Office sitzt, kann zumindest einen gewissen Trost in seiner treuen Yucca-Palme finden. Eine im November in der Zeitschrift „Urban Forestry & Urban Greening“ veröffentlichte Umfrage unter 4.200 Personen ergab, dass diejenigen, die Pflanzen in ihrem Haus hatten, während der ersten Sperrung geistig stabiler waren.

Zimmerpflanzen mit besonderen Eigenschaften

Giftig: Seien Sie vorsichtig mit einigen Zimmerpflanzen. Sie sind ganz oder teilweise giftig und können daher für Tiere und Kleinkinder gefährlich sein. Dazu gehören Alpenveilchen (insbesondere Knollen), Azaleen, Rittersterne, Korallenbusch, Efeu, viele Aronpflanzen (z. B. Einzelblatt, Fensterblatt, Efeu, Dieffenbachia) und Wolfsmilchpflanzen (z. B. Weihnachtsstern, Croton). Eine Liste giftiger Pflanzen ist bei der Giftzentrale Bonn erhältlich: https://gizbonn.de/giftzentrale-bonn/ Pflanzen Mögliche Allergie-Auslöser: Neben der weinenden Feige und ihren Verwandten (zB Gummibaum) können viele andere Pflanzen Beschwerden verursachen an Allergiker. Zu den problematischen Familien gehören Gänseblümchenpflanzen (z. B. Chrysanthemen, Gerbera), Arumpflanzen (z. B. Philodendren, Monoblätter) und Wolfsmilchpflanzen (z. B. Weihnachtsstern, Christdorn). Besonders feucht: Pflanzen, die viel Feuchtigkeit benötigen, geben in der Regel auch viel Feuchtigkeit an die Luft ab. Beispielsweise soll die Raumlinde aufgrund ihrer großen Blätter und der hohen Verdunstungsmasse die Luftfeuchtigkeit in Räumen erhöhen. Nestfarn und Segge mögen es auch feucht und spenden wiederum Feuchtigkeit. Chemikalien absorbieren: In der Nasa-Studie haben sich mehrere Pflanzen als vielseitige „Schadstoffe“ erwiesen, darunter Bogenhanf, Efeu, Monoblatt, Drachenbaum, Gartenchrysantheme und Efeu. Die Auswirkungen sind jedoch gering.

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