Leipzig Aktuell

Jugendorchester erhält Standing Ovations für beeindruckende Aufführung von Holsts „Die Planeten“ im Zwickauer Gewandhaus

Musikalisch begabte Briten

Musikalisch sind die Briten für feierliche Anlässe überdurchschnittlich gesegnet. Zur offiziellen Hymne des Vereinigten Königreichs, „God Save The King“, kommen mit „Rule, Britannia!“, „Jerusalem“ und „Pomp and Circumstance“ drei unumstrittene heimliche Hymnen, die bei allen passenden Gelegenheiten mitgesungen werden. Weniger bekannt, aber dennoch bedeutsam ist auch ein Text für das majestätische Hauptthema aus Satz 4 von Gustav Holsts Orchestersuite „Die Planeten“, „Jupiter“: „I Vow To Thee, My Country“, der ebenfalls zu prominenten Ereignissen gesungen wird.

Das Landesjugendorchester Sachsen im Zwickauer Gewandhaus

Am Sonntagabend fand im Zwickauer Gewandhaus ein Konzert mit dem Titel „Mikrokosmos Makrokosmos“ statt, bei dem das Landesjugendorchester Sachsen (LJO) die komplette siebensätzige Suite „Die Planeten“ von Gustav Holst aufführte. Der inspirierte und animierte Vortrag der jungen Musikerinnen und Musiker wurde vom Publikum mit minutenlangem Beifall belohnt. Holst verbindet in dieser Suite mythologische, astronomische und philosophische Überlegungen zu den Planeten zu einer reizvollen musikalischen Einheit. Mars als Kriegsbringer, Venus als Friedensstifterin, Merkur als geflügelter Bote, Jupiter als Bringer der Fröhlichkeit, Saturn als Bringer des Alters, Uranus als Magier und Neptun als Mystiker. Einzig die Erde bleibt unberücksichtigt, da sie zu irdisch erscheint und nicht mystisch genug ist, so die Theorie der Musikwissenschaft.

Eine außergewöhnliche visuelle Darbietung

Besonders bemerkenswert an dieser Aufführung war die Begleitung der Musik mit einer Hintergrundprojektion von animierten Ansichten und Überflügen der verschiedenen Planeten und ihrer Monde. Diese visuelle Darstellung wurde vom freiberuflichen Filmer Matti J. Frind kreiert und auf die Musik abgestimmt. Das Landesjugendorchester Sachsen erwies sich als würdiger Begleiter dieser neuartigen Illustration des musikalischen Geschehens. Gustav Holst stellte in seinem Meisterwerk eine Gratwanderung zwischen Tradition und Moderne dar und nutzte dabei die volle Bandbreite der Instrumente, besonders die Bläser und das Schlagzeug. Die jungen Musikerinnen und Musiker zwischen 14 und 26 Jahren konnten diese Herausforderung erfolgreich meistern. Obwohl ihnen vielleicht das letzte Prozent orchestralem Schmelz fehlt, das ein professionelles Orchester aufbieten könnte, muss man berücksichtigen, dass sie neben ihrem schulischen Alltag viel Zeit und Mühe investieren, um ihre Leidenschaft zur Musik auszuüben – und das alles ehrenamtlich.

Neue Musik und kosmische Inspiration

Bevor die Planeten-Suite aufgeführt wurde, gab es zwei Werke aus dem Bereich Neue Musik zu hören. Zuerst folgte die Uraufführung des Stücks „Quasar M LjOrc2023“ von der Dresdner Komponistin Agnes Ponizil. Es handelt sich um eine Klangcollage für Mandoline und Orchester, bei der jeder Auftritt ein einzigartiges Ereignis ist, da die Musik sowohl komponierte als auch improvisierte Elemente enthält. Das Werk bietet dem Zupfinstrument Mandoline, welches im Jahr 2023 zum offiziellen Instrument erklärt wurde, eine Bühne. Ponizil wurde bei der Komposition von Originaltönen aus dem Kosmos und mathematischen Modellen inspiriert, bei denen Planeten in Klänge umgewandelt wurden. Das zweite Stück, „Lontano“ von György Ligeti, ist weniger neu und wird häufiger im Konzertsaal aufgeführt. Es handelt sich um ein Werk der Neuen Musik, das eine reine Struktur in ständiger Veränderung darstellt. Das Landesjugendorchester Sachsen und der Dirigent Tobias Engeli, der für ihn an einen Wirkungsort zurückkehrte, konnten diese anspruchsvolle Musik überzeugend präsentieren.

Eine musikalische Verneigung in Richtung Ukraine

Zwischen den beiden Werken richtete Tobias Engeli einige Worte an das Publikum und wies auf die idealen Arbeitsbedingungen hin, unter denen das Konzert einstudiert werden konnte. Die harmonischen Verhältnisse, die nicht überall in Europa anzutreffen sind, wurden durch den Chor des gesamten Orchesters verdeutlicht. Dieser präsentierte ein vertontes ukrainisches Gebet des Komponisten Kyrylo Stezenko, von dem auch die ukrainische Nationalhymne stammt.

Ein nachhaltiges Musizieren

Im letzten Satz der Planeten-Suite, „Neptun“, wurden die weiblichen Chorpassagen von den Instrumentalistinnen ausgeführt. Dieses Detail wurde ebenfalls makellos umgesetzt und verdeutlichte den Gedanken des nachhaltigen Musizierens. Es wird deutlich, dass das Landesjugendorchester Sachsen nicht nur musikalische Talente fördert, sondern auch die Gleichberechtigung der Geschlechter in der Musikbranche vorantreibt.

Erfolgreiche Vorbereitung auf Schloss Colditz

Das Konzert im Zwickauer Gewandhaus war die dritte Aufführung nach Gastspielen im Leipziger Werk 2 und im Dresdner Kulturpalast. Die exakt 100 Musikerinnen und Musiker des Landesjugendorchesters Sachsen hatten sich in der ersten Herbstferienwoche intensiv auf Schloss Colditz vorbereitet. Das LJO bietet seit 1992 jungen Musikerinnen und Musikern die Möglichkeit, Teil eines großen Sinfonieorchesters zu sein und Programme auf professionellem Niveau zu erarbeiten. Die Leidenschaft und das Engagement dieser jungen Menschen sind bewundernswert und tragen zum Erfolg des Landesjugendorchesters Sachsen bei.

Ähnliche Artikel

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"