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Wie Erich Kästner 1931 sah, wie er zu den Hunden ging

Berlin. Nur wenige deutschsprachige Schriftsteller haben so generationenübergreifend geschrieben wie Erich Kästner, der vor 122 Jahren am 23. Februar 1899 in Dresden geboren wurde. Sein Durchbruch gelang 1929 mit dem Kinderbuch „Emil and the Detectives“. Mit „Pünktchen und Anton“, „The Flying Classroom“ und „Das doppelte Lottchen“ demonstrierte er auch die Kunst des Schreibens für junge Leser gleichberechtigt. Sein einziges sogenanntes Erwachsenenbuch erschien vor 90 Jahren: der berüchtigte „Fabian“. Das Remake des Romans von 1931 soll 2021 erscheinen. Tom Schilling spielt die Hauptrolle.

Hintergrund: Zur Zeit der globalen Wirtschaftskrise war Berlin Schauplatz des „Fabian“ in einem sozial gespaltenen Klima und angesichts des Aufstiegs der Nationalsozialisten. Der damals freiwillig Berliner Kästner (1899 in Dresden geboren, 1974 in München gestorben) schrieb das Werk als Zeitroman über die aktuelle Situation in der Weimarer Republik. Das Buch wurde zwischen Oktober 1930 und Juli 1931 geschrieben. Im Vergleich zu anderen Werken nahm sich Kästner mehr Zeit dafür, was wahrscheinlich zeigt, wie wichtig dieses Material für ihn persönlich war. Das Buch wurde am 15. Oktober 1931 ausgeliefert. Zu dieser Zeit gab Kästner zu, Lampenfieber über die bevorstehenden Rezensionen zu haben. Innerhalb weniger Wochen wurden Zehntausende Exemplare verkauft.

Der Inhalt: Jakob Fabian ist 32 Jahre alt, war einst Journalist und arbeitet heute als Texter für eine Zigarettenfirma. Sein bester Freund Labude ist Literaturwissenschaftler und möchte sich mit einer These über Lessing habilitieren. Während Labude versucht, politisch zu handeln, bleibt Fabian lieber ein passiver Beobachter. Während eines Besuchs in einem Bildhaueratelier lernt Fabian die Anwältin Cornelia Battenberg kennen. Die beiden verlieben sich und erleben ein paar Tage unbeschwertes Glück. Als Fabian plötzlich arbeitslos wird, engagiert sich Cornelia bei einem Filmmagnaten – teils um ihm zu helfen, teils um Karriere zu machen – und wird seine Geliebte. Labude erhält die Nachricht, dass seine Habilitationsthese abgelehnt wurde und nimmt sich das Leben. Es stellt sich heraus, dass die Ablehnung nur die Lüge eines neidischen Assistenten war. Leider kehrt Fabian zu seinen Eltern in seiner Heimatstadt Dresden zurück. Er lehnt den Job bei einer rechten Zeitung ab. Während eines Spaziergangs springt Fabian in den Fluss, um einen Jungen zu retten. Aber: „Der kleine Junge schwamm heulend zur Bank. Fabian ertrank. Leider konnte er nicht schwimmen. „“

Die Hauptfigur: Der Germanist Dr. Jakob Fabian ist ein gutmütiger, aber auch ironischer Mensch. Als sogenannter Moralist ist er ein scharfer Beobachter. Da ihm die bürgerliche Moral egal ist, lernt er Menschen aus allen sozialen Schichten kennen. Im Verlauf der Geschichte erkennt er die Verlogenheit scheinbar angemessener Beziehungen, besucht Einrichtungen für sexuell „aufgeschlossene“ Menschen, betrinkt sich mit Journalisten und erhält auch einen Einblick in die skrupellose Manipulation der Medien. Zum Beispiel erlebte er, wie ein Redakteur die Rede des Reichskanzlers redigierte, was dazu führte, dass der Bruch auf der Titelseite der Zeitung nicht mehr korrekt war, weshalb schnell eine kurze Nachricht über tödliche Straßenkämpfe in Kalkutta erfunden wurde: „Notieren Sie sich Folgendes: Berichte, die nicht unwahr sind oder erst nach Wochen ermittelt werden können, sind wahr. „“

Der Titel: Kästner schlug unter anderem „Saustall“ und „Jugend im Vacuum“ vor, was jedoch nicht mit den Vorstellungen des Dozenten an der Deutschen Verlags-Anstalt in Stuttgart übereinstimmte. Das führte zum Titel „Fabian – Die Geschichte eines Moralisten“. Der Titel sollte den Hauptcharakter und seinen Charakter vorstellen. Auf Wunsch des Herausgebers wurden einige sexuelle Ausdrücke und ein Kapitel, in dem sich ein Chef beschwert und seine Blinddarmnarbe zeigt, gestrichen.

Der Weg zu den Hunden: Erst 2013 erschien die Originalversion von „Fabian“ im Atrium Verlag in Zürich unter dem Titel „Der Weg zu den Hunden“, den Kästner immer bevorzugt hatte. Grundsätzlich handelt es sich bei der Neuauflage um eine „imaginäre Erstausgabe“, schrieb Redakteur und Kästner-Spezialist Sven Hanuschek. Zum ersten Mal wurde die Originalfassung des Romans als durchgehend lesbarer Text angeboten, wie er sich in Kästners Nachlass im Deutschen Literaturarchiv in Marbach befindet, einschließlich mehrerer Nachworte. Für den 18. März hat Atrium eine Buchausgabe mit Tom Schilling auf dem Cover angekündigt: den sogenannten Roman für den Film: „Fabian – Der Weg zu den Hunden“.

Die Nazis: Der „Fabian“ brachte Kästner die Feindseligkeit der Nazis, der nationalsozialistische „Völkische Beobachter“ schrieb Anfang der 30er Jahre eine Rezension mit „Printed Dirt“. Der Roman ist eine „chaotische Geschichte“ voller „Beschreibungen untermenschlicher Orgien“. Aus heutiger Sicht ist das ein großes Kompliment.

Fabian und Feuer: Als Hitler an die Macht kam, wurde es für Kästner und Autoren wie Heinrich Mann und Erich Maria Remarque gefährlich. „1933 wurden meine Bücher in Berlin auf dem großen Platz neben der Staatsoper von einem gewissen Herrn Goebbels mit düsterem und feierlichem Pomp verbrannt“, erinnerte sich Kästner später am 10. Mai 1933. Er war der einzige der Autoren persönlich dort gewesen zu sein. „Plötzlich rief eine schrille Frauenstimme:“ Da ist der Kästner! „Ein junger Kabarettist, der sich durch die Menge gedrückt hatte, sah ihn stehen und drückte ihr Erstaunen mit einer übertrieben lauten Stimme aus.“ „Ich fühlte mich unwohl. Aber nichts ist passiert. (Obwohl damals viel „passierte“.) Die Bücher flogen weiter ins Feuer. „“

Theater: Theater bringt den Roman immer auf die Bühne. Die Premiere einer vom alten Regisseur Frank Castorf (69) im Berliner Ensemble geplanten Produktion verhinderte die Corona-Sperren im Jahr 2020 zweimal – Ende März und Mitte November. Ein neuer Premiere-Termin ist noch unklar.

Filme: Der Regisseur Wolf Gremm (1942-2015) filmte 1979 „Fabian“. Hans Peter Hallwachs (jetzt 82) spielte die Titelrolle. Die Weltpremiere fand am 25. April 1980 statt. Von Ende Juli bis Mitte September 2019 drehte Regisseur Dominik Graf (68) als ZDF-Koproduktion einen neuen „Fabian“ -Film in Görlitz, Berlin und Brandenburg. Tom Schilling (38) spielt Fabian, Albrecht Schuch (35) spielt Labude und Saskia Rosendahl (27) spielt Cornelia. Die Kinoveröffentlichung sollte nun am 15. April sein.

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