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Wie belastet ist die Corona-Generation?

Hildesheim / München. Zu Beginn der Pandemie wurden sie oft als verantwortungslose Parteimacher beschrieben, aber es gibt immer mehr Berichte über eine Corona-Generation, die unter starkem psychischen Stress steht. Wie kommen junge Menschen durch die Covid 19-Krise? Wie geht es ihnen, je länger die Wintersperre, einschließlich Schulschließungen, dauert?

Nach mehreren Studien hat der mentale Druck unter jungen Menschen im Vergleich zum Frühjahr zugenommen. Fast jedes dritte Kind zwischen 7 und 17 Jahren weist inzwischen psychische Anomalien auf, berichten die Autoren der Hamburger Copsy-Studie. Risikofaktoren sind ein niedriges Bildungsniveau und ein begrenzter Lebensraum.

Junge Leute über ihre Sorgen in Zeiten von Corona: „Große Angst, das Abitur nicht zu bestehen“

Auch Jugendforscher der Universitäten Hildesheim und Frankfurt stellten Umweltverschmutzung fest: Fast 46 Prozent der rund 7.000 befragten 15- bis 30-Jährigen stimmten der Aussage, sie hätten Angst vor der Zukunft, voll oder ganz zu. „Die Pandemie ist sehr verantwortungsbewusst, aber auch sehr frustriert darüber, wie sich das Leben derzeit verkürzt“, sagt die Hildesheimer Sozialarbeiterin Severine Thomas.

Weil seiner Ansicht nach mit jungen Menschen über zu viel, aber zu wenig gesprochen wird, lud der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft junge Menschen ein, Forderungen an Politiker in der Pandemie zu formulieren. Das erste: Das Thema psychische Gesundheit sollte stärker in den Schulalltag integriert werden. „Dies würde jungen Menschen die Möglichkeit geben, den vernünftigen Umgang mit Stress zu lernen“, sagt Chamymae El Majouti (17) aus Ratingen.

„Es besteht immer noch große Angst, zurückgelassen zu werden, die nächste Prüfung, vielleicht sogar das Abitur, nicht zu bestehen“, sagt Gustav Grünthal aus Osterholz-Scharmbeck. Der 17-Jährige ist äußerst verärgert darüber, dass Politiker behaupten, junge Menschen seien unvernünftig. „Die Mehrheit der jungen Menschen hält sich an die Corona-Regeln“, betont er.

Depressionen, Angstzustände und Essstörungen nehmen zu

Die Junge Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin beklagte sich kürzlich über eine „Zunahme massiver Einschränkungen und Bedrohungen des Kindeswohls, die heute schwer zu rechtfertigen sind“. Neben ihren Freunden, dem Erwerb sozialer Fähigkeiten und dem spielerischen Lernen fehlten Kindern und Jugendlichen auch ein regelmäßiger Tagesablauf und außerschulische Aktivitäten.

„Junge Menschen werden depressiver, Ängste und Essstörungen nehmen zu“, sagt Gerd Schulte-Körne, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie an der Universität München. „Wir haben viel Stress in der zweiten Sperre, es gibt so viel Bedarf in den Familien.“ Nach der Beobachtung von Schulte-Körne stehen auch Kinder, die vor Corona völlig gesund waren, derzeit vor großen Problemen.

Jugendpsychiater: Das Risiko für psychische Erkrankungen steigt während der Pubertät

Die Entwicklung der Autonomie, das Testen und Erleben von sich selbst ist aufgrund der Korona eingeschränkt, während viele junge Menschen ihre Eltern extrem gestresst erlebten, sagt der Jugendpsychiater. Um psychischen Erkrankungen bei der Pandemie vorzubeugen, hat sein Klinik-Team die Website „Corona and you“ eingerichtet. Dort finden Sie Tipps zum Stressabbau, zum positiven Denken, zum Kontakt mit Freunden sowie zur Ernährung und Bewegung.

Die Altersspanne zwischen 10 und 18 Jahren ist ohnehin eine besonders gefährdete Lebensphase, sagt Marcel Romanos, Direktor des Zentrums für psychische Gesundheit der Kinder- und Jugendpsychiatrie am Universitätsklinikum Würzburg. „Dort passiert viel: physisch, hormonell, psychisch.“ Während der Pubertät steigt das Risiko für bestimmte psychische Erkrankungen wie Depressionen, emotionale Störungen und selbstverletzendes Verhalten. Romanos hält es für unerlässlich, gefährdete Familien zu erreichen, damit auch behandlungsbedürftige Jugendliche betreut werden können.

Keine verlorene Generation Corona: „Kinder sind grundsätzlich sehr anpassungsfähig“

Der Jugendpsychiater hält es jedoch für übertrieben, von einer verlorenen Generation Corona zu sprechen. „Kinder sind grundsätzlich sehr anpassungsfähig und haben gute Vergütungsstrategien“, ist Romanos überzeugt. Der Austausch mit Freunden kann derzeit über soziale Medien oder Videospiele erfolgen, oder Sport kann auch allein im Freien betrieben werden.

Aber jedes Mal, wenn die Sperre verlängert wird, müssen die Jugendlichen durchhalten. Die mangelnde Vorhersehbarkeit ist eine Belastung – insbesondere für diejenigen, die kurz vor dem Abschluss stehen, sagt Julia Seefried aus Unterthürheim in Schwaben. „Es gibt keine Möglichkeit für uns, über die nächste Woche hinaus zu denken.“ Der 16-Jährige war an der Entwicklung der Koronabedürfnisse des Spenderverbandes beteiligt. Dazu gehören eine transparente Kommunikation mit jungen Menschen und eine stärkere politische Beteiligung.

Am 11. März veranstaltet das Bundesministerium für Familienangelegenheiten eine Jugendanhörung, die sich mit „Corona, Jugend und den Folgen“ befasst. Ministerin Franziska Giffey gab dies nach einem digitalen Treffen mit acht 15- bis 24-Jährigen bekannt. Der SPD-Politiker sagt, dass die besonderen Herausforderungen für die junge Generation und ihre Anliegen stärker berücksichtigt werden sollten. „Es geht nicht nur um verpasste Lektionen.“ Soziale Begegnungen und der direkte Kontakt mit Freunden sind für die persönliche Entwicklung sehr wichtig. Giffey betont: „Im letzten Jahr gab es nicht nur Bildungslücken, sondern auch Loyalitätslücken.“

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