Polizei kesselt Demonstranten am „Tag X“ in Leipzig ein
Am 3. Juni fand in Leipzig der sogenannte „Tag X“ statt, an dem rund 1000 Demonstranten von der Polizei stundenlang eingekesselt wurden. Sogar Minderjährige waren von dieser Maßnahme betroffen. Im Anschluss wurden Handys und Speichermedien von insgesamt 380 Personen beschlagnahmt. Die Staatsanwaltschaft Leipzig teilte nun mit, dass diese Geräte nun zurückgeben werden sollen. Diese Maßnahme wurde im Zusammenhang mit dem sogenannten Antifa-Ost-Verfahren gegen Lina E. und drei weitere Aktivisten durchgeführt. Die Polizei behinderte die angemeldete Demonstration von Beginn an massiv und begründete dies mit einer Vermummung der Teilnehmer.
Einschüchterung und illegale Polizeipraxis
Die eingekesselten Demonstranten wurden scheinbar auch von der Polizei eingeschüchtert. Ein Demonstrant berichtete, dass er aufgefordert wurde, das Passwort seines Handys herauszugeben. Ein Polizist drohte damit, dass alle Kosten für die Entschlüsselung des Handys auf den Demonstranten zukommen würden, falls er die PIN nicht preisgeben würde. Die sächsische Linke-Abgeordnete Juliane Nagel kritisiert das Vorgehen der Polizei nach dem „Tag X“ und vermutet, dass die Beschlagnahmung der Handys dazu dient, linke Strukturen auszuspähen. Sie hält das Erpressen von PIN-Codes für eine illegale Polizeipraxis.
Kosten für Ermittlungshandlungen
Es ist theoretisch möglich, dass Beschuldigte oder Verdächtige für bestimmte Ermittlungshandlungen zahlen müssen, wie es im Paragrafen 465 der Strafprozessordnung festgelegt ist. Dies gilt jedoch nur, wenn das Verfahren auch mit einer Verurteilung endet. Der Berliner Rechtsanwalt Lukas Theune bestätigt, dass dies zur Entschlüsselung von Handys theoretisch möglich ist, in der Praxis jedoch nicht angewendet wird. Falls das Verfahren eingestellt wird, trägt sowieso die Staatskasse alle entstandenen Kosten. Die massenhafte Beschlagnahme von Handys in einem Polizeikessel ist bundesweit einzigartig und erinnert allenfalls an Razzien wie beim G20-Gipfel, bei denen Behörden ebenfalls viele Geräte sicherstellten.
Polizei beschlagnahmt erneut digitale Geräte
In Leipzig ist dies nicht das erste Mal, dass die Polizei in großem Umfang digitale Geräte beschlagnahmt. Bereits Anfang 2015 mussten rund 150 Personen ihre Handys, Laptops und andere Geräte nach einer Spontandemonstration abgeben. Damals wurden diese Geräte durchsucht, um mögliche Straftäter anhand von Fotos zu identifizieren.
Rückgabe der beschlagnahmten Geräte
Laut einer Antwort auf eine Anfrage der Abgeordneten Juliane Nagel wurden mindestens 42 Personen zu ihren Geräten befragt und 13 von ihnen haben freiwillig ihre PIN-Codes herausgegeben. Ein Viertel der Betroffenen hat zum Zeitpunkt der Antwort darauf verzichtet, ihre Geräte nach einer Freigabe wieder abzuholen.
Es bleibt abzuwarten, wie sich der Fall weiterentwickeln wird und ob die Polizei ihre Maßnahmen vor Gericht rechtfertigen muss.