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Steigende Kosten in der Gastronomie: Wie teuer ist zu teuer?

Steigende Preise in der Gastronomie: Wie teuer ist zu teuer?

Leipzig/Dresden – Einkauf, Personal, Energie – auch die Gastronomie hat mit steigenden Kosten zu kämpfen. Die Folge: Höhere Preise in Cafés und Restaurants. Doch auch die Gäste kommen beim Blick auf die Speisekarte immer öfter an ihre Schmerzgrenze. Und so müssen sich die Wirte die Frage stellen: Wie teuer ist zu teuer?

BILD hat sächsische Gastronomen gefragt, ob bei ihnen schon spürbar weniger getrunken oder gegessen wird und wann aus ihrer Sicht die Obergrenze des Zumutbaren erreicht ist.

„Im Frühjahr wird es mit Sicherheit weitere Preissteigerungen bis zu 20 Prozent unter anderem aufgrund der angekündigten Mehrwertsteuererhöhung aber auch wegen der stetig höheren Personalkosten geben“, sagt Dehoga-Sachsen-Vorstand Detlef Knaack (59), der zugleich Chef des Leipziger Messe-Caterers „Fairgourmet“ ist.

Knaack weiter: „In einer Beratung haben mir die Kollegen signalisiert, dass ihre Preise noch nicht da sind, wo sie sein müssten, um wieder wirtschaftlich zu sein.“

Viele Gastronomen versuchen, ihre Mieten einfrieren zu lassen, berichtet er. Gleichzeitig würden sie aber auch merken, dass weniger konsumiert werde als vor der Pandemie. Vor allem Desserts und Vorspeisen würden weniger bestellt.

„Meine persönliche Schmerzgrenze liegt bei 4,50 Euro für einen Cappuccino.“
Eberhard Wiedenmann (66, u. a. San Remo und Pascucci in Leipzig): „Der Kipppunkt hat doch schon längst stattgefunden. Bei uns kostet die Kugel Eis zwischen 1,90 Euro und 2,50 Euro. Günstiger können wir sie einfach nicht anbieten. Aber die Konsequenz ist, dass die Kunden in der Regel nur noch eine Kugel und nicht wie früher drei bestellen. Und so geht es mit dem Cappuccino weiter. Wer zahlt denn dafür ein Vermögen? Meine persönliche Schmerzgrenze liegt bei 4,50 Euro. Und trotzdem kann ich die hochwertige Qualität nur anbieten, wenn der Preis dementsprechend ist!“

„Bei 4 Euro für ein Bier weiß ich, dass die Gäste nicht mehr bestellen.“
Udo Gnüchtel (53) ist Betreiber des Parkhotels in Plauen. Er sagt: „Unser Bier kostet 3,80 Euro für 0,4 Liter. Auf 4 Euro kann ich nicht gehen. Bei 4 Euro weiß ich, dass die Gäste nicht mehr bestellen. Plauen ist nicht Dresden. Bier hat immer auch einen ,Fühlpreis‘. Bei 4 Euro weiß ich, dass die Gäste nicht mehr bestellen. Schon jetzt merke ich, dass bei den Getränken gespart wird, beim Essen nicht. Ich sehe es aber kritisch, wenn Kollegen ihre Preise erhöhen ohne zu kalkulieren und an morgen zu denken.“

„Ich denke, wer als Wirt beim Aperol Spritz über 10 Euro geht, ist raus.“
Seit Jahren ist es das Sommergetränk: Aperol Spritz. „Ich nehme 7,60 Euro“, sagt der Leipziger Innenstadt-Gastronom Henrik Dantz (51, Spizz), „Aber ich muss die Preise erhöhen. Gerade war ich auf dem Oktoberfest und habe mich gewundert, wie viel getrunken wurde, obwohl es so teuer war. Doch Leipzig ist ein anderes Pflaster. Ich denke, wer als Wirt beim Aperol Spritz über 10 Euro geht, ist raus. Dabei hat ein Gin-Tonic auch keinen höheren Materialwert – da ist der Preis aber normal.“

„Ich rechne immer noch in D-Mark um und frage mich, ob ich bereit wäre, den Preis selbst zu zahlen…“
„Meine Gäste trinken nicht weniger“, sagt der Leipziger Vodkaria-Wirt Torsten Junghans (56), „Ich habe kein Gäste-, sondern ein Personalproblem. Natürlich gibt es Kollegen, die mehr draufschlagen als nötig. Man kann aber auch bei sich selbst sparen und darauf setzen, dass der Laden so auch voll wird.“

Auffällig sei aber, dass es weniger Partys und große Runden gebe. Mit spitzem Bleistift kalkuliere er die Tages-Essensangebote. Junghans: „Ich rechne immer noch in DM um und frage mich, ob ich bereit wäre, den Preis selbst zu zahlen.“

„Diese 12 Prozent lassen sich dann nicht mehr abfedern.“
Steffen Zuber (60), Inhaber vom Estancia Beef-Club und Estancia Steakhouse in Dresden: „Als gute Kaufleute müssen wir natürlich ordentlich kalkulieren. Auch deshalb liegen wir sowohl beim Umsatz als auch bei den Preisen auf dem Level des vergangenen Jahres. Auch beim Personal setzen wir auf Kontinuität durch korrekte Bezahlung und gutes Arbeitsklima, haben Kollegen, die teilweise schon seit 15 Jahren bei uns arbeiten. Sorgen macht mir allerdings, wenn die Mehrwertsteuer demnächst tatsächlich von 7 auf 19 Prozent angehoben werden sollte. Diese 12 Prozent lassen sich dann nicht mehr abfedern.“

„Eine weitere Preiserhöhung bringt definitiv nicht mehr Umsatz.“
Um 20 Prozent hat der Leipziger Gastronom Lutz Albrecht (61, u.a. Panorama Tower am Augustusplatz) seit Corona seine Preise erhöht. „Die Einkaufspreise sind aber teilweise um 60 Prozent gestiegen, die Personalkosten um 38 Prozent. Weil parallel weniger Gäste kommen, mache ich unterm Strich weniger Umsatz. Es ist ein Kreislauf, der nicht aufhört. Eine weitere Preiserhöhung bringt definitiv nicht mehr Umsatz. Ich weiß nicht, was die Lösung sein soll.“

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