Eine transportable Raumerweiterungshalle in Leipzig
Die grau-silber schimmernde Aluminiumkonstruktion auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz fügt sich farblich ins Bild mit dem im Hintergrund emporragenden City-Hochhaus. Das Blech der 16 Meter langen Halle, die von außen an eine immer schmaler werdende Raupe erinnert, reflektiert die Sonnenstrahlen. Im schattigen Innenraum ist es angenehm lau. Die Wände sind abwechselnd mit weißen und blauen Platten verkleidet, der Fußboden besteht aus Holz. Ein kleiner Ventilator brummt neben der Eingangstür. Im Inneren stehen Aufsteller mit Bildschirmen und Plakaten. Sie erzählen vom Einheitsdenkmal, ein Thema, das in Leipzig schon länger für Diskussionen sorgt.
Die „Ziehharmonika“ – eine transportable Raumerweiterungshalle
„Ziehharmonika“ – so wird der Bau umgangssprachlich genannt. Fachlich korrekt handelt es sich um eine transportable Raumerweiterungshalle, kurz REH. 1959 wurde sie in der DDR entwickelt. Rund 3500 Exemplare wurden bis 1989 gebaut und als Konsum, Kino oder Kneipe genutzt. Die Anwendungsmöglichkeiten kannten kaum Grenzen. Wie schafft es nun so ein Relikt im Jahr 2023 ins Zentrum von Leipzig?
DDR-Halle sollte Café werden
Restauriert und aufgebaut wurde die REH von Florian Rehnig und Tobias Günther. Die beiden Männer haben sie 2010 in Marwitz bei Berlin gekauft. „Auf die Idee sind wir gekommen, da 2005 auf dem Jahrtausendfeld so eine Halle stand“, erzählt der 42-jährige Rehnig. „Da waren wir im Rahmen einer Veranstaltung drin und ganz beeindruckt von dem Gebäude.“ Günther ergänzt: „Dann entstand die Idee, als zweites Standbein in so einer Halle ein Café aufzubauen.“
Eigentlich arbeitet Rehnig als Krankenpfleger. Günther, der ein Jahr älter ist, ist im Getränkehandel tätig. Im Internet haben sie über ein Jahr nach einer REH in gutem Zustand gesucht. „Mittlerweile sind sie sehr rar. In Marwitz sind wir schließlich fündig geworden. Die haben wir uns liefern lassen, dann in Knautnaundorf aufgezogen und Schritt für Schritt alles restauriert“, erinnert sich Rehnig. „Das hat ungefähr fünf Jahre gedauert, sie war sehr runtergekommen und wir mussten schauen, wie wir Geld hatten.“
Reparaturen nehmen fünf Jahre in Anspruch
Zu tun gab es viel. Die Gummis zwischen den Aluminium-Elementen mussten erneuert werden, im Innenraum faulten einige Platten an den Wänden und es wurde eine neue Dämmung angebracht. „Das Grundgestell und die Schienen, auf denen die Elemente ausgeschoben werden, haben wir auch entrostet“, erzählt Günther. „Wir haben versucht, das so originalgetreu wie möglich zu erhalten. Damit sie ihren alten Charme nicht verliert.“
Selbst haben die Leipziger keinen emotionalen Bezug zu den Raumerweiterungshallen. „Ich komme aus dem Erzgebirge und habe sie dort nie gesehen“, sagt Günther. Florian Rehnig sei lediglich als Kind manchmal an einer in Großzschocher vorbeigekommen. Passanten in der Leipziger Innenstadt hätten jedoch schon oft von den Hallen erzählt, als sie vorbeikamen. „Ein Mann meinte, er habe früher sein erstes Eis in einer dieser Hallen gegessen. Ein anderer hatte sogar ein Modell davon gebaut. Die meisten kennen sie als Kaufhalle“, erzählen die beiden. Doch wie kam es dazu, dass die Ausstellung zum Freiheits- und Einheitsdenkmal ausgerechnet in einem Relikt aus DDR-Zeiten gezeigt wird?
Aufbau einer Raumerweiterungshalle
Bei manchen weckt die Raumerweiterungshalle auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz Erinnerungen, andere wissen mit dem Aluminium-Aufbau nichts anzufangen.
Stiftung Friedliche Revolution will nach Frankfurt und Hannover
„Das war eine verrückte Idee“, sagt Gesine Oltmanns vom Kuratorium der Stiftung Friedliche Revolution. „Wir haben eine flexible Halle benötigt. Denn wir finden, man muss mit dem Thema unterwegs sein. Eine Idee war, mit einem Waggon durch die Bundesrepublik zu fahren. Aber dann ist uns eingefallen, dass es diese Ziehharmonikas gab.“ So eine zu beschaffen, habe sich jedoch schwieriger gestaltet als erwartet. So seien die Bauwerke oft in so schlechtem Zustand, dass sie gar nicht mehr nutzbar sind oder nicht zur Miete erhältlich. „Wir sind durch halb Ostdeutschland gefahren, haben uns in Berlin Rat geholt, wo wir nach Stralsund verwiesen wurden. Denen war es dann aber doch zu verrückt. Wir waren schon kurz davor, aufzugeben, als wir über Umwege schließlich auf das Team mit der Halle in Knautkleeberg gestoßen sind“, erinnert sich Oltmanns. „Mit den beiden hat es wirklich toll funktioniert, auch der Transport in die Stadt. Das war alles ein bisschen aufregend.“ Die Statik aus dem Jahr 1975 bekam keine Baugenehmigung mehr, alles musste neu gerechnet und bestätigt werden. „Das war zum Ende noch eine große Herausforderung. Und ob alles hält und klappt und dann auch auseinanderzuziehen geht, war eine Zitterpartie.“
Raumerweiterungshalle für die Vereinigten Staaten
Die Halle samt Ausstellung soll nach dem Abbau am 9. Oktober vor allem in den westlichen Bundesländern unterwegs sein. „Hannover und Frankfurt stehen auf dem Plan