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Expertenworkshop 2024: Neue Präventions- und Therapieansätze zum Tag der Rückengesundheit

Jeder dritte Erwachsene in Deutschland leidet oft oder ständig unter Rückenschmerzen, ein weiteres Drittel gelegentlich. Schon jetzt gibt die hohe Prävalenz Anlass zur Sorge. Als Forum zum persönlichen und fachlichen Austausch über die wirksame Prävention und Behandlung von Rückenschmerzen fand am 9. März in der Sportwissenschaftlichen Fakultät der Universität Leipzig ein „Expertenworkshop“ statt. Er bildet den fachlichen Auftakt zum bundesweiten Tag der Rückengesundheit, mit dem der Bundesverband deutscher Rückenschulen (BdR) e. V. zusammen mit der Aktion Gesunder Rücken (AGR) e. V. jährlich am 15. März die Bevölkerung auf das Thema aufmerksam macht.

Prof. Frank Mayer vom Zentrum für Sportmedizin der Universität Potsdam und Prof. Johannes Michalak vom Lehrstuhl für Klinische Psychologie und Psychotherapie der Universität Witten/Herdecke stellten in ihren Vorträgen aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse vor. Anschließend konnten Rückenexpertinnen und -experten ihre Fähigkeiten in praktischen Seminaren zu Stressbewältigung, effektiven Trainingsprogrammen, Achtsamkeit oder Schlaf und Regeneration erweitern.

„Dein Kompass zur Rückengesundheit“ – entsprechend dem Motto zum Tag der Rückengesundheit 2024 stand der Expertenworkshop in Leipzig ganz im Zeichen des Leitgedankens, dass es für Rückenschmerzen keine allgemeingültige Therapieform gibt. Wichtig ist vielmehr ein multimodaler und multidisziplinärer Therapieansatz, der auch biopsychosoziale Faktoren und individuelle Bedürfnisse berücksichtigt. Um das Fachwissen von Rückenexpertinnen und -experten am „Kompass“ aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse auszurichten, entwickelt der BdR derzeit ein neues Curriculum für die Fortbildung zur „Fachkraft Rückengesundheit“, welche künftig den „Rückenschullehrer“ ablöst. Die Inhalte werden sich eng an der derzeit in Überarbeitung befindlichen Nationalen Versorgungsleitlinie (NVL) „Nichtspezifischer Kreuzschmerz“ orientieren.

Haltung, Bewegung und Depression – ein Blick in die Forschung
Eine gesunde Körperhaltung und Bewegung hilft nicht nur dem Rücken, sondern auch der seelischen Gesundheit, wie Prof. Johannes Michalak in seinem Fachvortrag verdeutlichte. Der Professor für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Universität Witten/Herdecke, erforscht mit seinem Team seit Jahren intensiv den Zusammenhang zwischen Psyche und Körperhaltung. In einer Metaanalyse, die 70 Studien einschließt, konnte das Forscherteam zeigen, dass Menschen, die eine gekrümmte Körperhaltung einnehmen, negativer gestimmt sind. Darüber hinaus hat der Experte eigene Studien zu den Auswirkungen von Körperhaltung und Bewegung auf depressive Patienten durchgeführt. Diese zeigen, dass eine zusammengesunkene Körperhaltung nicht nur Folge einer Depression ist, sondern dass diese umgekehrt eine negative Stimmung verstärken kann: Menschen mit gebeugter Körperhaltung behielten bei den Tests mehr negative Wörter in Erinnerung als aufrecht sitzende Menschen. Auch das myofasziale Gewebe depressiver Menschen ist weniger elastisch. Faszienübungen führten bei depressiven Patienten dazu, dass sie sich an mehr positive Dinge erinnerten.

Weniger Stress und mehr bewegte Achtsamkeit für einen gesunden Rücken
Vier verschiedene Workshops boten die Möglichkeit, praktische Erfahrungen zu sammeln und den eigenen Wissensstand zu erweitern. Silvia Maria Becker, Heilpraktikerin für Psychotherapie, klärte über die positive Wirkung des Waldbadens im Rahmen der Stressbewältigung und damit der Rückengesundheit auf. Ein wesentlicher Grund dafür sind die sogenannten Phytonzide – sekundäre Pflanzenstoffe, die von Bäumen und anderen Pflanzen produziert werden und die sich in der Waldluft in unterschiedlichen Konzentrationen nachweisen lassen. „Diese antibiotisch wirkenden Abwehrstoffe können sich positiv auf das Immunsystem und die körperlichen Abwehrkräfte des Menschen auswirken. Untersuchungen zeigen, dass bereits nach einem Tag im Wald die Anzahl der Abwehrzellen im Blut um bis zu 40 Prozent ansteigen kann“, betonte Becker.

Christiane Greiner-Maneke, staatl. gepr. Gymnastiklehrerin und Bewegungspädagogin, stellte in ihrem Workshop „Atmung – Energie und Leben – Verbesserung durch Training und Beweglichkeit“ das achtsame ganzheitliche Bewegungskonzept vor. Das Konzept setzt sich aus vielen Einflüssen der Bewegungspädagogik, der Psychologie, der Schmerztherapie und Sportwissenschaft zusammen. Es arbeitet mit dem anatomischen, neurokognitiven Ansatz. Durch das Erlernen von bewegter Achtsamkeit wird eine ganzheitliche Entspannung und Regeneration hervorgerufen.

Schlafen ist gesund – auch für den Rücken
„Der Zusammenhang zwischen Schlaf und Rückengesundheit rückt immer mehr in den Fokus der Wissenschaft und zeigt eine tiefgreifende Wechselwirkung“, sagt André Alesi, Gesundheits- und Sportwissenschaftler an der Sporthochschule Köln. In seinem Workshop betonte er die zentrale Bedeutung des Schlafes für die Rückengesundheit. Gesunder Schlaf führt zu Muskelentspannung und Regeneration. „Die Einhaltung bestimmter Verhaltensweisen fördert einen erholsamen Schlaf und beugt Schlafstörungen vor. Vielen Menschen, die unter Rückenschmerzen leiden, ist gar nicht bewusst, dass sie durch guten Schlaf auch ihrem Rücken helfen“, so der Experte.

Das wirksamste Workout – vom Anfänger bis zum Leistungssportler
Rückenschmerzen sind häufig auf eine verminderte Rumpfstabilität zurückzuführen, die durch Defizite auf neuronaler, muskulärer und struktureller Ebene verursacht wird. Basierend auf dieser Erkenntnis wurde ein neuartiges Trainingsinterventionsprogramm entwickelt. Das Programm „Ran Rücken“ dient der Prävention und Behandlung von Rückenschmerzen. „Das Besondere ist eine Kombination aus sensomotorischen Ganzkörper-Kraftübungen, die konsequent Perturbationen einbeziehen – also Übungen, bei denen der Körper schnell auf Störreize reagieren muss“, betonte Hendrik Schäfer vom Lehrstuhl für Rehabilitationswissenschaften der Universität Witten/Herdecke. In seinem Workshop stellte er die Trainingsinhalte genauer vor. Das Programm besteht im Wesentlichen aus vier Grundübungen in 12 Schwierigkeitsstufen, die an die unterschiedlichen Leistungsniveaus angepasst werden können – vom Anfänger bis zum Spitzensportler. Das Trainingsprogramm kann überall ohne große Hilfsmittel und mit geringem Zeitaufwand durchgeführt werden. Dreimal 30 Minuten pro Woche reichen aus. Die Wirksamkeit wurde in einer großen multizentrischen Studie mit über 1.500 Patientinnen und Patienten sowie in vielen weiteren Begleitstudien nachgewiesen.

„Gerade wenn es um die Rückengesundheit geht, hat der praktische und persönliche Austausch unter den Teilnehmenden, den wir durch den Workshop ermöglichen, eine besondere Bedeutung. Mit dem darauffolgenden bundesweiten Tag der Rückengesundheit am 15. März bieten wir Gesundheitsexperten außerdem die Chance, auf die eigenen Angebote aufmerksam zu machen“, sagt AGR-Geschäftsführer Detlef Detjen. Der Verein berät die Bevölkerung seit mehr als 25 Jahren zum Thema Rückengesundheit und zeichnet rückenfreundliche Produkte mit dem AGR-Gütesiegel aus.

Weitere Informationen zum Tag der Rückengesundheit am 15. März unter www.agr-ev.de/tdr. Die AGR bietet auch über den Tag der Rückengesundheit hinaus Medien an, mit denen Rückenexpertinnen und -experten, deren Patientinnen und Patienten, Mitarbeitenden oder Kursteilnehmenden auf dem neuesten Stand bleiben. Zweimal jährlich erscheint die Fachzeitschrift „AGR aktuell“, sie enthält unter anderem interdisziplinäre Fachbeiträge, Berichte aus Fachverbänden und aktuelle Informationen über AGR-geprüfte Produkte. Die Patientenzeitschrift „Rückenwelt“ ist ein Ratgeber zur Weitergabe an Interessierte und Betroffene mit praktischen Tipps für einen rückenfreundlichen Alltag. Beide Medien können kostenlos angefordert werden.

Gerne stellen wir Ihnen weitere Informationen und Bilder zur Verfügung und vermitteln Ihnen Interviews mit anerkannten Expertinnen und Experten. Kontaktieren Sie uns jederzeit.



Quelle: Aktion Gesunder Rücken e. V. / ots

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