Berlin. Man könnte die Ansicht vertreten, dass das letzte Wort zur Sterbehilfe schon lange gesprochen wurde. In einem wegweisenden Urteil im Februar stoppte das Bundesverfassungsgericht Versuche von Politikern, schwerkranken oder lebensmüden Menschen den Selbstmord so schwer wie möglich zu machen.
Die Karlsruher Richter argumentierten, dass die im Grundgesetz garantierte Unverletzlichkeit der Menschenwürde das Recht auf selbstbestimmten Tod einschließt – ohne Begründung oder Rechtfertigung. Und sie machten deutlich, dass dieser Schutz der Grundrechte auch die Freiheit einschließt, im Falle eines Selbstmordes Hilfe von Dritten zu suchen. Das Gericht hob daher das vom Bundestag verabschiedete Verbot der organisierten Sterbehilfe auf.
Spahn untergräbt das Urteil
Euthanasie-Vereinigungen sind wieder zulässig, was die Kläger erreichen wollten. Dies reicht aber für das Urteil keineswegs aus. Weil Gesundheitsminister Jens Spahn mit einer kontroversen Anweisung an die Drogenbehörde Bfarm weiterhin verhindert, dass selbst Schwerkranke eine Droge erhalten, die als sicher und sanft gilt, um sich selbst zu töten.
Er missachtet nicht nur eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2017. Mit seiner Entscheidung stellt Spahn sicher, dass der Staat genau das tut, was er nach dem Urteil des Verfassungsgerichts nicht mehr tun darf: de facto das Selbstmordrecht untergraben und die Verwendung von Hilfe.
Mit ihrem Vorschlag, eine klare Rechtsgrundlage für die Verschreibung tödlicher Medikamente zu schaffen, geht die Vertretergruppe um den SPD-Politiker Karl Lauterbach einen Weg, um die Selbstbestimmung in Deutschland auch im Sterben endgültig durchzusetzen. Dies steht nicht im Widerspruch zu der geplanten Beratungspflicht, schließlich haben die Verfassungsrichter auch Schutzkonzepte vorgeschlagen. Denn die Tatsache bleibt: Jeder Selbstmord ist einer zu viel.