Berlin. Die Jugend- und Familienminister auf Bundes- und Länderebene diskutierten am Montag die Vorschläge der Familienministerin Franziska Giffey für eine „Tageslicht-Ampel“. Am Wochenende schlug der SPD-Politiker ein dreistufiges System für künftige Kindertagesstätten unter Koronabedingungen vor, das auf der Anzahl der Infizierten in der Einrichtung und der Anzahl der Kinder und Mitarbeiter in Quarantäne basiert.
Giffey hatte das Konzept als Vorschlag an die Bundesländer geschickt. Es steht der Deutschen Presseagentur zur Verfügung und basiert daher auf dem schrittweisen Kindertagesstättenplan der Hansestadt Bremen. Die Reaktionen der Bundesländer waren eher skeptisch und die Bildungsgewerkschaften lobten und kritisierten sie. Bei den Konsultationen der Bundesländer am Montag gab es keine konkreten Ergebnisse. Die Teilnehmer sagten dann, dass keine Entscheidung getroffen worden sei. Sie alle sind sich jedoch einig, gemeinsam konkrete Eröffnungsschritte für die Kindertagesstätten auszuarbeiten.
Was Giffeys Konzept vorsieht
Nach dem Ampelkonzept von Giffey könnten Kindertagesstätten vollständig geöffnet werden (regulärer Betrieb, Ampel grün), wenn sich keine aktuellen Koronafälle in der Einrichtung befinden und weniger als zehn Prozent der Kinder und Mitarbeiter in Quarantäne sind. Wenn die Anzahl höher ist und mindestens ein Infektionsfall vorliegt, wechselt die Kindertagesstätte auf eingeschränkten regulären Betrieb (gelb), beispielsweise bei kürzeren Pflegezeiten.
Bei zwei Infektionsfällen und mehr als einem Viertel der Beschäftigten oder mehr als einer Gruppe in Quarantäne würde der rote Wert gelten: Schließung mit Notfallversorgung. Der Rotwert würde auch ab einer siebentägigen Inzidenz von mehr als 200 automatisch gelten. Öffnungsschritte in Richtung Gelb oder Grün sollten immer nur möglich sein, wenn sich die Situation verbessert hat und sieben Tage lang stabil bleibt.
„Dies ermöglicht es, die Kindertagesstätte so offen wie möglich zu halten und nur dann auf Einschränkungen und gegebenenfalls Schließungen zurückzugreifen, wenn die Situation vor Ort oder in den Einrichtungen dies tatsächlich erfordert“, heißt es in einem Begleitschreiben zum Konzept an die Bundesländer .
Giffey will schnell geimpftes Personal in Kindertagesstätten
Der Minister für Familienangelegenheiten befürwortet auch, dass das Personal zusätzlich zum Ampelsystem so schnell wie möglich geimpft und, solange dies nicht möglich ist, regelmäßig getestet wird. Kinderbetreuer sollten auch in der Lage sein, medizinische Masken zu tragen, wenn sie mit den Kindern arbeiten, hieß es.
„Die Frage ist, ob dies überhaupt für die Kindertagesstätten machbar ist und wer dann die Klassifizierungen durchführen soll“, sagte am Montag eine Sprecherin des Berliner Senats für Bildung, Jugend und Familie. Die bayerische Familienministerin Carolina Trautner (CSU) sagte, dass bei den letzten gemeinsamen Beratungen der Jugend- und Familienministerkonferenz zwischen den Bundesländern Einigkeit darüber bestand, dass ein landesweiter Schritt-für-Schritt-Plan weder notwendig noch nützlich sei.
Kritik kam auch von Nordrhein-Westfalens Familienminister Joachim Stamp (FDP). Er sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Montag), dass Giffeys „Verfahrensvorschlag“ „unrealistisch“ sei. In Nordrhein-Westfalen wird die begrenzte Pandemie mit festen Gruppen und reduzierten Arbeitszeiten fortgesetzt und die Eltern aufgefordert, wenn möglich, die Kinder selbst bis zum 14. Februar zu betreuen. „Wie es ab dem 15. Februar weitergehen wird, werden wir unter Berücksichtigung der Entwicklung der Pandemie in der kommenden Woche mit Sponsoren, Eltern und Gewerkschaften diskutieren.“
Länder, die für Kindertagesstätten zuständig sind
Die Bundesländer sind für Kindertagesstätten und Schulen zuständig. Ein für ganz Deutschland einheitliches Verfahren wird immer wieder diskutiert, hat aber aufgrund der unterschiedlichen Interessen in den Ländern wenig Chancen.
Björn Köhler vom Hauptvorstand der Union für Bildung und Wissenschaft (GEW) war offen für die Vorschläge des Familienministers: „Die Ampel, die Giffey vorschlägt, ist absolut sinnvoll, weil sie die einzelne Kindertagesstätte und ihre jeweilige Situation sowie das Ganze berücksichtigt in Verbindung mit dem Infektionsprozess in der Region “, sagte er der dpa.
Der Vorsitzende der Vereinigung für Bildung und Erziehung (VBE), Udo Beckmann, kritisierte jedoch, dass das vorgeschlagene Modell die Maßnahmen in Kindertagesstätten unter einer Inzidenz von 200 von der tatsächlichen Infektionsrate in einer Region entkoppelt. „Wer den Gesundheitsschutz ernst nimmt, sollte dies nicht ignorieren.“ Wie Giffey befürwortete Beckmann jedoch auch regelmäßige Koronatests für das Personal der Kindertagesstätte.