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Bad Lauchstädt: Erstes Teilstück des Wasserstoffkernnetzes wird sichtbar

Bad Lauchstädt. Vom Wasserstoffkernnetz ist in diesen Tagen und Wochen viel die Rede. In Bad Lauchstädt ist es zu sehen. Jedenfalls ein erstes Teilstück davon.

„Es ist das Herz vom Kernnetz“, erklärt Cornelia Müller-Pagel. Sie ist die Projektleiterin für den Energiepark Bad Lauchstädt in Sachsen-Anhalt. Er befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Erdgas-Untergrundspeichern des Leipziger Gashändlers VNG. In diesem Park soll ab Mitte 2025 grüner Wasserstoff produziert werden.

Strom kommt aus Windkraftanlagen

Aktuell drehen sich bereits mehrere Kräne, werden Windräder errichtet, schieben Raupen die Flächen plan, auf denen der Elektrolyseur gebaut werden soll. Ein Elektrolyseur, auch Wasserspalter genannt, wandelt Wasser in Wasserstoff um. Verwendet wird dafür Strom aus Windkraftanlagen.

Abnehmer für diesen grünen Wasserstoff ist die Raffinerie in Leuna in gut 20 Kilometern Entfernung, sagt die Projektleiterin. „Über diese Pipeline“ – sie zeigt in eine riesige Baugrube – „werden wir ab 2025 den Wasserstoff nach Leuna pumpen.“ Das schwarze Rohr mit einem Durchmesser von rund 60 Zentimetern liegt seit Jahrzehnten nahe der Goethestadt in der Erde. Jetzt wird es auf den Transport von Wasserstoff vorbereitet.

Sonden erkunden Zustand der Pipeline

Während die Projektleiterin geduldig den Kamerateams mehrerer angereister Sender Rede und Antwort steht, hebt ein Kran eine Molchschleuse in die Grube, die mit der bestehenden Pipeline verschweißt wird. Das Ganze ähnelt einem U-Boot samt Ausstieg. „Später können wir über die Schleuse bei laufendem Betrieb einen Molch – eine Art selbstfahrende Messsonde – einsetzen und so die gesamte Pipeline abfahren, reinigen und auf Herz und Nieren prüfen.“

Die Bundesregierung sieht im Wasserstoff ein Schlüsselelement für die Energiewende und fördert das 210-Millionen-Euro-Projekt in Bad Lauchstädt mit 34 Millionen Euro. Die Total-Raffinerie in Leuna will ab 2025 mit grünem Wasserstoff synthetische Kraftstoffe produzieren. Bereits jetzt setzt die Raffinerie Wasserstoff ein, allerdings aus Erdgas gewonnen. Von bis zu 200 000 Tonnen jährlich ist die Rede. Der Elektrolyseur in Bad Lauchstädt wird den Plänen zufolge einmal 5000 Tonnen pro Jahr produzieren können.

Leitung ist Teil des Wasserstoffkernnetzes

Das wäre nur ein Bruchteil der benötigten Menge. „Allerdings können die Anlagen im Energiepark erweitert werden“, so die Projektleiterin. Zugleich sei die Pipeline nach Leuna Teil des Wasserstoffkernnetzes. Somit kann auch grüner Wasserstoff aus anderen Regionen hierher gelangen.

Das Kernnetz soll unter anderem die Häfen im Norden mit wichtigen Chemiestandorten in ganz Deutschland verbinden. Wie das Netz genau aussehen soll, das will die Ampel in Berlin in Kürze beschließen. Vorschläge über den Verlauf der Pipelines kommen auch von Ontras. Das Tochterunternehmen der Leipziger VNG betreibt Deutschlands zweitgrößtes Ferngasnetz.

11 200 Kilometer Rohrleitungen

„Unsere Vorschläge gehen von einem Rohrleitungsnetz von rund 11 200 Kilometer Länge aus“, sagt Ontras-Sprecher Ralf Borschinsky. „Es gibt zahlreiche Pipelines, die umgewidmet werden können. Zum Teil müssen neue Leitungen gebaut werden.“ Als ein Beispiel nennt Sprecher Borschinsky die Leitung von Bad Lauchstädt über Magdeburg und Helmstedt nach Stade in Niedersachsen. Hier müssten etwa 44 Kilometer neue Leitungen gebaut werden, ansonsten kann man auf bestehende Pipelines zurückgreifen.

Die mitteldeutschen Chemiestandorte, zu denen neben Schkopau, Leuna und Bitterfeld auch das Industriegebiet Böhlen-Lippendorf gehört, verbindet bereits ein Pipelinesystem, über das grauer Wasserstoff (aus Erdgas gewonnen) fließt.

Stadtgas mit hohem Wasserstoffanteil

Das Wasserstoffprojekt in Bad Lauchstädt zeige, so der Ontras-Experte, wie alte Leitungen modernisiert werden können. Hexerei sei das nicht. Denn durch die Stahlrohre Richtung Leuna floss bis Mitte der 1990er-Jahre Wasserstoff. Genauer gesagt Stadtgas, dem zu 60 Prozent Wasserstoff beigemischt war. „Die Leitungen sind also grundsätzlich für den Transport von Wasserstoff geeignet.“

Im Energiepark in Bad Lauchstädt treffen nicht nur mehrere Leitungen des künftigen Wasserstoffkernnetzes aufeinander. Hier soll auch Wasserstoff gespeichert werden. Dafür wurde eine Salzkaverne ausgespült. Cornelia Müller-Pagel spricht von rund 50 Millionen Kubikmeter Fassungsvolumen. „Da passt das Völkerschlachtdenkmal etwa zweimal rein“, sagt sie zur Veranschaulichung.

LVZ

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