Premiere in Leipzig: Puppentheater erzählt von Krieg und Erinnerung

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Am 21.09.2025 feiert das TdJW Leipzig die Premiere von "Ein Glücksding", das Holocaust-Geschichte mit Jugenderlebnissen verknüpft.

Am 21.09.2025 feiert das TdJW Leipzig die Premiere von "Ein Glücksding", das Holocaust-Geschichte mit Jugenderlebnissen verknüpft.
Am 21.09.2025 feiert das TdJW Leipzig die Premiere von "Ein Glücksding", das Holocaust-Geschichte mit Jugenderlebnissen verknüpft.

Premiere in Leipzig: Puppentheater erzählt von Krieg und Erinnerung

Am 21. September 2025 feierte das Theater der Jungen Welt (TdJW) in Leipzig die Premiere des Stücks “Ein Glücksding”, das auf bewegende Weise die Geschichten zweier Jugendlicher miteinander verknüpft. Juri, ein 14-jähriger Junge aus dem heutigen Leipzig, und Motja, der seine Kindheit in Kyjiw zur Zeit des Holocausts verbrachte, stehen im Mittelpunkt der Inszenierung. Juri ist vor dem russischen Angriffskrieg aus der Ukraine geflüchtet und lebt nun in Leipzig, während Motja das Massaker von Babyn Jar überlebt hat, wo im Jahr 1941 innerhalb von zwei Tagen beinahe 50.000 jüdische Menschen getötet wurden. Die Erzählung zielt darauf ab, die Gegenwart und das Erbe des Holocaust miteinander zu verbinden, insbesondere indem sie zeigt, wie Vergangenes die Perspektiven junger Menschen heute beeinflusst.

Die Puppen, die die beiden Jungen darstellen, wurden lebensecht gestaltet und tragen zur emotionalen Tiefe des Stücks bei. Dramaturg Jörn Kalbitz hebt hervor, dass die Auseinandersetzung mit Geschichte eine bedeutende Thematik ist, die auch junge Menschen betrifft. Dies fordere jedoch auch eine sorgfältige Überlegung bezüglich der Erzählweise, die ansprechbar und zugänglich ist. Die Autorin Lena Gorelik wurde beauftragt, ein Werk zu schaffen, das diese komplexen Themen mit der Lebensrealität junger Menschen in Verbindung bringt. Motja ist eine reale Person, und Zeitzeugnisse der Puppenspielerin Dina Pronitschewa, die nach dem Zweiten Weltkrieg über die Gräueltaten von Babyn Jar berichtete, bilden die Grundlage für das Stück.

Thematische Vertiefung durch historische Kontexte

Das Massaker von Babyn Jar hat bis heute große Bedeutung, und der aktuelle Forschungsstand hierzu wirft viele Fragen auf, die auch im Stück aufgegriffen werden könnten. Wer waren die Opfern und Täter und wie reagierte die Bevölkerung Kiews auf die begangenen Verbrechen? Laut einem Audiobeitrag von der Bundeszentrale für politische Bildung, der sich mit erinnerungspolitischen Aspekten zu Babyn Jar befasst, gibt es zahlreiche ungeklärte Fragen und blinde Flecken, die die historische Aufarbeitung erschweren. Auch wird die Gedächtnisproblematik nach dem Krieg thematisiert, die von öffentlicher Unkenntnis und dem Umgang mit Babyn Jar während der Sowjetzeit geprägt war. Erst seit der Unabhängigkeit der Ukraine hat eine breitere Diskussion über die Juden als Opfergruppe begonnen, wobei diverse Initiativen zur Errichtung eines zentralen Gedenkorts an Bedeutung gewinnen.

Historiker und Experten, darunter Vladyslav Hrynevich und Karel Berkhoff, zeigen auf, dass auch der Umgang mit der Erinnerung an Babyn Jar nicht ohne Herausforderungen ist. Das Thema bleibt seit vielen Jahren relevant, da es immer neue Ansätze für eine angemessenere Ehrung der Opfer bedarf. Ein zentraler Gedenkort, der die verschiedenen Opfergruppen anerkennt, ist bislang noch nicht verwirklicht, obwohl zahlreiche Denkmäler errichtet wurden.

Liebe und Krieg

In “Ein Glücksding” erleben die Jungen nicht nur das Grauen des Krieges, sondern auch ihre erste große Liebe. Puppenspieler Sven Tillmann hebt hervor, dass diese Beziehung, für Motja aus der Zeit des Krieges, unerreichbar bleibt. Dies gibt dem Stück eine zusätzliche emotionale Dimension, da es verdeutlicht, wie Krieg das Leben und die Träume junger Menschen entscheidend beeinflussen kann.

Die Regisseurin Martina van Boxen setzt die Geschichte in einer surrealen Fantasy-Welt um, die es dem Publikum ermöglicht, sich unter anderem mit der schweren Thematik des Holocaust auseinanderzusetzen, während die Verbindung zur heutigen Situation gefestigt wird. Diese tiefgründige Inszenierung stellt somit nicht nur die Vergangenheit dar, sondern regt auch zur Reflexion über die gegenwärtige gesellschaftliche Realität an.