Eschwege gedenkt: Lesung über Ursula Vaupel und die Schrecken der Vergangenheit
Lesung über Ursula Vaupel an der Anne-Frank-Schule: Thekla Rotermund-Capar liest aus „Auch ich war ein Hitlermädchen“.

Eschwege gedenkt: Lesung über Ursula Vaupel und die Schrecken der Vergangenheit
Heute fand an der Anne-Frank-Schule in Eschwege eine eindrucksvolle Lesung statt, bei der Milena Vaupel-Kentner und Thekla Rotermund-Capar die Lebensgeschichte von Ursula Vaupel in den Mittelpunkt rückten. Die Veranstaltung wurde organisiert, um auf das Buch „Auch ich war ein Hitler-Mädchen“ aufmerksam zu machen, welches die Jugend von Ursula Vaupel im Nationalsozialismus thematisiert. Dieses Buch beschreibt nicht nur ihre Faszination für die Propaganda der NS-Zeit, sondern auch die Diskriminierung, die sie aufgrund ihrer körperlichen Beeinträchtigung erfuhr.
Ursula Vaupel war eine bemerkenswerte Persönlichkeit, die am 20. Juni 1928 in Schweidnitz geboren wurde und am 4. Januar 2018 in Eschwege verstarb. Sie wuchs in einer nationalsozialistisch eingestellten Familie auf und kämpfte Zeit ihres Lebens gegen die Herausforderungen, die diese Prägung mit sich brachte. Milena, ihre Tochter, berichtete während der Lesung über das Leben ihrer Mutter, die für ihre Überzeugungen einstand, obwohl sie oft im Zwiespalt zwischen Mitläufertum und Ausgrenzung stand. Thekla Rotermund-Capar las Passagen aus dem Werk, um die Stimme der Verstorbenen lebendig werden zu lassen. Es war ein bewegender Moment, der die Zuhörerschaft tief beeindruckte.
Erinnerung und Engagement
Ein zentraler Aspekt der Lesung war die Bedeutung von Erinnerungsarbeit und dem Engagement junger Menschen für eine starke Demokratie. Vaupel setzte sich nach dem Krieg aktiv für Menschenrechte und die Aufarbeitung der Geschichte ein. Besonders am Herzen lagen ihr die Erinnerungen an die Opfer der „Hexenprozesse“ in Eschwege. Im Jahr 1657 wurden in der Stadt eine Mutter und ihre Tochter aufgrund vermeintlicher Hexerei verurteilt und hingerichtet. Das Mahnmal auf dem Schulberg in Eschwege ist eine Initiative von Ursula Vaupel, die sich für die Aufarbeitung dieser dunklen Kapitel der Geschichte stark machte.
Die Veranstaltung war nicht nur eine Hommage an Ursula Vaupel, sondern auch ein eindringlicher Appell für Frieden, Demokratie und Menschenwürde. Paul Kester, ein jüdischer Junge, der 1939 mit einem Kindertransport nach Schweden gerettet wurde, sandte eine Videobotschaft an die Schüler. Darin erhob er seine Stimme für die oben genannten Werte – ein weiterer wichtiger Aspekt der Lesung, der die Verbindungen zurück zur Vergangenheit verdeutlichte.
Lebenswerk und Anerkennung
Ursula Vaupel war nicht nur eine engagierte Lehrerin und Historikerin, sondern auch eine Politikerin und Autorin. Sie war verheiratet und Mutter von drei Kindern. Ihr Lebenswerk umfasst zahlreiche Beiträge zur Forschung über die Hexenverfolgung sowie die Unterstützung von Asylbewerbern und in der Sterbebegleitung. Für ihre Verdienste wurde sie unter anderem mit dem Ehrenbrief des Landes Hessen ausgezeichnet. Ihre Jugenderinnerungen sind ein wichtiger Bestandteil des kollektiven Gedächtnisses und tragen zur Aufklärung über die Vergangenheit bei.
Die Schulleiterin Anna Reimann dankte den Referentinnen und hob das Engagement der Deutschlehrerinnen würdig hervor, die die Lesung maßgeblich organisiert hatten. Die Veranstaltung stellte die Verantwortung der jungen Generationen in den Vordergrund und machte deutlich, wie wichtig es ist, aus der Geschichte zu lernen und aktiv für eine gerechte Zukunft einzutreten.