Bonn. Die Briefmarken sind wie die Brötchen in der Bäckerei: Sie werden im Laufe der Jahre immer teurer. Im Jahr 2012 kostete der nationale Versand eines Standardbriefs noch 55 Cent, danach stieg der Preis allmählich auf 58, 60, 62, 70 und 80 Cent. Die nächste Erhöhung soll Anfang 2022 erfolgen. Die Bundesregierung wird in den kommenden Wochen die Weichen dafür stellen: Die Koalition hat eine Gesetzesänderung vorgeschlagen, wonach das frühere Staatsmonopol diesmal wahrscheinlich auch das Porto deutlich erhöhen soll. Diesen Montag findet im Bundestag eine Anhörung statt, bei der Kritiker tiefe Besorgnis erregen.
Die Deutsche Post DHL muss eine Portoerhöhung genehmigen lassen, da es sich um einen regulierten Markt handelt. Im Gegensatz zu seinen kleinen Konkurrenten Pin und Postcon hat der Industrieriese umfangreiche Verpflichtungen: Seine Postboten müssen Artikel an jeden Haushalt in Deutschland liefern, auch in abgelegenen Regionen – sei es in den Alpen oder in der Nordsee.
Portoerhöhung vor Gericht
Damit das Postgeschäft für die börsennotierte Gruppe kein Geld verbrennt, hat die dem Bundeswirtschaftsministerium unterstellte Bundesnetzagentur der Post Spielraum für Portoerhöhungen eingeräumt. Der gewährte „Gewinnzuschlag“ ist so bemessen, dass das Postgeschäft trotz schrumpfender Mengen lukrativ ist.
Was technisch klingt, ist eine heiße Kartoffel. In den Jahren 2015 und 2019 hat die Bundesregierung eine Verordnung geändert, die den Spielraum für eine Erhöhung des Portos jeweils vergrößerte – für das Bonner Unternehmen handelte es sich sozusagen um Geldspritzen. Die Bundesnetzagentur musste dafür vor Gericht zwei Ohrfeigen hinnehmen: 2020 erklärte das Bundesverwaltungsgericht Leipzig die erste Erhöhung für rechtswidrig, Anfang 2021 vertrat das Kölner Verwaltungsgericht die gleiche Auffassung hinsichtlich der Erhöhung 2019 Ihr Kritikpunkt: Die Regelung zur Portoerhöhung war nur in einer Verordnung und nicht in einem Gesetz enthalten, das auch den Segen des Bundestages und des Bundesrates hat.
Für die Post steht viel auf dem Spiel
Die Bundesregierung reagierte und schlug vor, die Grundlage für die Portoerhöhung in das Postgesetz aufzunehmen. Dass dies im Rahmen eines Änderungsgesetzes zu einem völlig anderen Thema geschehen sollte, sorgte – gelinde gesagt – für Erstaunen.
Für die Post steht viel auf dem Spiel. Denn wenn das Gesetz nicht geändert würde, müsste die Netzwerkagentur den Portorahmen anders berechnen als zuvor – und das Porto würde sinken.
In einer Stellungnahme der Deutschen Post DHL heißt es in einer anderen Berechnungsmethode: „Das Unternehmen verfügt nicht über ausreichende Mittel, um die Transformation der Postdienste infolge der zunehmenden Digitalisierung zu gestalten, die Digitalisierung der Dienste voranzutreiben und die nachhaltige Bereitstellung von Dienstleistungen im ganzen Land sicherzustellen Universaldienst investieren können „. Weiter heißt es:“ Mittelfristig würde dies die qualitativ hochwertige Versorgung mit Post- und Paketdiensten in Deutschland gefährden, was im globalen Vergleich für den Wirtschaftsstandort von Vorteil ist. „“
Bevorzugen Sie Post?
Das SPD-Mitglied des Bundestages Falko Mohrs unterstützt die Post. Die Änderungen werden sicherstellen, dass die Post „jetzt in der Lage ist, gute und gut bezahlte Arbeitsplätze mit angemessenem Einkommen zu sichern“, sagt der Sozialdemokrat. „Eine umfassende Versorgung mit Post und Paketen ist Teil unseres allgemeinen Interesses. Das Corona-Jahr hat dies auch deutlich gemacht. CDU-Abgeordneter Joachim Pfeiffer sieht das ähnlich. Er betonte, dass der Gesetzesentwurf Rechtssicherheit schaffen werde. Der Grund für die Portoerhöhungen in den letzten Jahren sind die sinkenden Briefvolumina.
Die Opposition ist kritisch. „Der Staat wurde von zwei Gerichten gefasst, die illegale Portoerhöhungen zuließen – und will dies nun rückwirkend legalisieren, als wäre nichts passiert“, beklagt sich FDP-Abgeordneter Reinhard Houben. Das Motto „Was nicht passt, wird passend gemacht“ ist unerträglich. Der Liberale sieht eine Präferenz für die Bonner Gruppe, an der der Staat rund ein Fünftel der Anteile hält. Diese Präferenz verlangsamt den Wettbewerb.
Wettbewerber beschweren sich über unfaire Wettbewerbsvorteile
Weitere Kritik kommt von den Post-Konkurrenten. Der Biek-Verband, in dem Paketdienstleister wie Hermes, DPD und GLS organisiert sind, beschwert sich darüber, dass die Deutsche Post ungerechtfertigt hohe Posteinnahmen erzielt und die Gewinne ihre Paketsparte stärken können – dies ist wiederum ein unfairer Wettbewerbsvorteil. „Wie die Post sind wir auf dem Paketmarkt aktiv, haben aber nicht die gleichen Voraussetzungen“, sagte Marten Bosselmann, Vorsitzender von Biek. Er fordert den Gesetzgeber auf, den Post- und Paketmarkt zu trennen – dann sollte die Post ihre Paketabteilung nicht mit Postgewinnen unterstützen.
Die Postkonkurrenten erhalten Unterstützung von Jürgen Kühling, dem Vorsitzenden der Monopolkommission – er wird am Montag als Experte in der Anhörung auftreten. Der Anwalt hält es angesichts des wachsenden Gesamtumsatzes und des höheren Gewinns des in Bonn ansässigen Weltkonzerns für unangemessen, ein höheres Porto mit erhöhten Personalkosten zu rechtfertigen. „Die Notwendigkeit, die Gruppe mit übermäßigem Porto zu unterstützen, kann mit diesen Geschäftszahlen kaum gerechtfertigt werden“, schrieb er in einer Erklärung. Die Monopolkommission empfiehlt, den für die Portoerhöhung relevanten Gewinnzuschlag wie vor 2015 zu ermitteln – dies würde bedeuten, dass das Porto reduziert werden müsste.
Egal wie laut die Kritik angesichts der Koalitionsmehrheit ist, es ist sicher, dass die Gesetzesänderung verabschiedet wird. Der Bundestag soll am Freitag abstimmen. So sollte es wie gewohnt zum Jahreswechsel kommen: Porto wird teurer.