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Verzweifelte Bewohner in Torgau Nordwest: Abgehängt und überhört – Die untragbaren Zustände rund um die ‚blauen Blöcke‘

Unhaltbare Zustände in Torgau Nordwest

Torgau. Eindringlicher ging es nicht. Viele Anwohner in Torgau Nordwest sind wütend, frustriert, mit ihrer Geduld am Ende. Nicht erst seit gestern, nein, seit Monaten, Jahren. Viele haben offenbar die Hoffnung, dass sich noch etwas zum Positiven ändern wird, längst aufgegeben. Sie fühlen sich abgehängt, übergangen und überhört. Sie haben kein Vertrauen mehr, dass die Verantwortlichen sich für ihr Schicksal interessieren. Dazu passt, dass der Vermieter der „blauen Blöcke“ und ein Vertreter des Fleischbetriebes auf dem Podium fehlten. Nichtsdestotrotz haben die Anwesenden es während der Bürgerversammlung noch einmal versucht: Jene Entscheidungsträger, die zumeist in ruhigen Wohngegenden leben, zum Handeln zu motivieren.

Warum dies nötig ist? Weil sich Mieter nicht an Regeln halten, Eltern sich nicht um ihre Kinder kümmern, ein Vermieter zwar Miete kassiert, aber sich nicht um die Zustände in seinen beiden Blöcken schert, und Arbeitgeber Menschen aus den ärmsten Gegenden im Südosten Europas holen, aber offenkundig nicht ausreichend dazu beitragen, dass diese hier menschenwürdig, regelkonform und sozialverträglich leben. Und weil Behörden bislang allzu oft zugucken, anstatt einzuschreiten. In Deutschland ist immer noch der Staat für die Durchsetzung der Regeln zuständig, in diesem Fall Stadt, Landkreis und Polizei. Wer diese Aufgabe an Sozialarbeiter delegieren möchte, macht es sich zu einfach.

Alle leiden – auch Migranten

Unter den Anwesenden waren auch zwei junge Männer mit migrantischen Wurzeln, die im Vorfeld zur Teilnahme motiviert worden waren und sich nicht zu Wort meldeten. Zu beneiden waren sie nicht. Sie wurden gebeten, „ihren Leuten“ von der Versammlung zu berichten. Darin schwingt ein gefährliches „Wir gegen die“ mit. Aber darum darf es nicht gehen.

Unter den unhaltbaren Zuständen rund um die „blauen Blöcke“ leiden fast alle. In Nordwest leben auch viele Menschen mit migrantischen Wurzeln, die hart arbeiten, lernen oder ihren Kindern eine gute Zukunft ermöglichen wollen. Sie wissen: Schlagen einzelne Migranten, EU-Bürger oder Ausländer über die Stränge, fällt das auf alle zurück. Menschen neigen zu Pauschalurteilen.

Eine aus Somalia stammende Freundin, die in Berlin als Sozialarbeiterin arbeitet, klagte einmal: Wenn sie abends müde nach Hause gehe, werde sie von herumlungernden jungen Männern mit Migrationshintergrund unflätig angemacht. Abend für Abend dasselbe Spießrutenlaufen. „Sie sitzen, trinken, benehmen sich schlecht. Warum lässt Deutschland das zu? Das ist dumm!“ Diese Analyse hat mich überzeugt. Warum, ja warum wird in Deutschland so oft ein Verhalten geduldet, das offenkundig sozial unverträglich ist – sowohl von In- als auch von Ausländern? Warum lässt man die Menschen in Torgau Nordwest so lange allein mit ihren Problemen?

Untragbare Zustände in der Zinnaer Straße 18-36

In und um die Wohnblöcke in der Zinnaer Straße 18-36 herrschen seit Jahren untragbare Zustände. Es gibt Städte wie Duisburg, die ähnliche Probleme hatten und sie beherzt angepackt haben. Klar ist nur: Viel Zeit bleibt nicht in Nordwest, die Stimmung ist explosiv.

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