Zwei Jahre danach: Fast alle Verfahren zum Tag X in Leipzig eingestellt!

Die Leipziger Staatsanwaltschaft stellt 869 Verfahren nach den Ausschreitungen am "Tag X" ein, viele wegen mangelhafter Beweislage.
Die Leipziger Staatsanwaltschaft stellt 869 Verfahren nach den Ausschreitungen am "Tag X" ein, viele wegen mangelhafter Beweislage. (Symbolbild/Mein Leipzig)

Leipzig, Deutschland - Am 3. Juni 2023 kam es in Leipzig zu einer umstrittenen Polizeimaßnahme, als die Polizei nach der Auflösung einer Demonstration den Heinrich-Schütz-Platz umschloss. Rund 1.500 Menschen hatten sich versammelt, nachdem eine zuvor geplante Demonstration verboten worden war. Laut lvz.de erfasste die Polizei insgesamt 1.324 Personen und leitete über 1.000 Ermittlungsverfahren ein, hauptsächlich wegen Landfriedensbruch. Zwei Jahre nach den Ereignissen stellt die Staatsanwaltschaft Leipzig jetzt eine umfassende Bilanz der Ermittlungen vor.

Von den über 1.500 eingeleiteten Verfahren wurden laut mdr.de insgesamt 861 Verfahren eingestellt. Der Grund für die meisten Einstellungen war, dass in vielen Fällen der Tatbestand, die Rechtswidrigkeit oder die Schuld nicht nachweisbar waren. Rund 440 Ermittlungsverfahren sind weiterhin offen, während in 23 Fällen bereits Anklagen erhoben wurden. Dabei wird die Bilanz durch die Linken-Abgeordnete Juliane Nagel als unzureichend beschrieben, da sich die pauschalen Vorwürfe in den meisten Fällen als unbegründet herausstellten.

Unzureichende Beweislage und rechtliche Fragen

Die Ermittlungen wurden eingeleitet, nachdem die Stimmung während der Demonstration zu eskalieren drohte. Augenzeugen berichteten, dass zunächst ein friedliches Miteinander herrschte, dann aber einige Teilnehmer Steine und Pyrotechnik auf die Polizei warfen. Die Polizei hingegen betonte, dass friedliche Demonstranten die Möglichkeit gehabt hätten, sich zu entfernen. Diese unterschiedliche Wahrnehmung führt zu einem anhaltenden Streit über die Notwendigkeit und die Rechtmäßigkeit des Polizeikessels, der bis tief in die Nacht dauerte. Polizeipräsident René Demmler räumte zwar Kommunikations- und Versorgungsfehler ein, gerechtfertigte jedoch die rechtlichen Grundlagen des Einsatzes.

Ein besonders brisanter Fall betrifft einen 25-Jährigen, dem ursprünglich versuchter Mord vorgeworfen wurde. Dieses Verfahren wurde aufgrund fehlender Indizien eingestellt, er wird jedoch jetzt wegen Landfriedensbruchs angeklagt. Auch die Datenweitergabe von nahezu allen im Kessel befindlichen Personen durch das Landeskriminalamt an das Landesamt für Verfassungsschutz sorgt für Diskussionen. Diese Daten wurden als potenziell linksextrem eingestuft und in die Datenbank NADIS aufgenommen, was von Staatsrechtlern als fragwürdig angesehen wird.

Auswirkungen auf die Sicherheitsbehörden

In der Zeit seit den Vorfällen hat das Thema die politischen und gesellschaftlichen Debatten in Sachsen stark geprägt. Der Umgang der Sicherheitsbehörden mit den Protesten und die anschließenden Ermittlungen stehen im Fokus der Kritik. Insbesondere die Frage, wie effektiv und rechtmäßig die Maßnahmen waren, wird von verschiedenen Seiten beleuchtet.

Für den 3. Juni 2025 hat das Bündnis „Leipzig nimmt Platz“ einen „Trauerzug“ im Stadtgebiet angemeldet, was auf die anhaltenden sozialen Spannungen hinweist. Die Auseinandersetzungen um die Demonstration und die Reaktionen der Polizei bleiben ein zentrales Thema der öffentlichen Diskussion, während die Staatsanwaltschaft weiterhin an den noch offenen Verfahren arbeitet.

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Ort Leipzig, Deutschland
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