Im Vorfeld des Spiels am Sonntagabend gegen RB Leipzig, äußert sich der Präsident des FC St. Pauli, Oke Göttlich, offen und direkt zu verschiedenen Themen, die den Fußball betreffen. Durch den Fokus auf den bevorstehenden Gegner, dessen Erfolgssystem und die eigenen Ideen zu Vereinsstrukturen, bringt Göttlich einen frischen Wind in die aktuellen Diskussionen des deutschen Fußballs.
Die bisherigen Ergebnisse in dieser Bundesliga-Saison waren für St. Pauli enttäuschend. Dennoch betont Göttlich, dass man die Herausforderung Bundesliga als das begreift, was sie ist: Spannende und körperlich anspruchsvolle Spiele, die viel Anpassungsfähigkeit erfordern. Trotz der bisherigen Rückschläge zeigt sich Göttlich optimistisch und bereit für die Auseinandersetzung mit Leipzig.
Unterschiedliche Philosophien im Fußball
Der FC St. Pauli und RB Leipzig könnten kaum unterschiedlicher sein, was sowohl ihre Unternehmenskulturen als auch ihre finanziellen Voraussetzungen betrifft. Göttlich weiß, dass Leipzig durch sein finanzielles Rückgrat, das mit Red Bull verbunden ist, in der Lage ist, weitaus mehr zu investieren als viele andere Vereine. Diese so genannte „systemsprüngende“ Organisationsform von Leipzig, die kaum Mitgliedsbeteiligung zulässt, steht im Kontrast zu den Werten von St. Pauli, die auf demokratischer Beteiligung und einem solidarischen Vereinsmodell basieren.
„Das, was Leipzig macht, ist in Deutschland beinahe einzigartig. Ihre Philosophie der Trainer-Ausbildung und die Kontinuität auf Schlüsselpositionen sind bemerkenswert“, erklärt Göttlich. Während er die Erfolge von Leipzig respektiert, hofft er auf eine reevaluation der finanziellen Strukturen im deutschen Fußball. Seiner Meinung nach sollte das Bundeskartellamt die Praktiken von Leipzig genau unter die Lupe nehmen, um zu prüfen, inwiefern diese den Wettbewerb beeinflussen.
Göttlich vertritt die Ansicht, dass die Solidargemeinschaft der Bundesliga mit ihren speziellen Fällen wie Leipzig oder Wolfsburg unter Druck steht. Der FC St. Pauli will ein alternatives Finanzierungsmodell entwickeln, das auf den Mitgliedern des Vereins basiert. Dies könnte künftig als Vorbild für andere Clubs dienen, um gesellschaftliche Werte im Sport zu fördern und gleichzeitig eine nachhaltige wirtschaftliche Basis zu schaffen.
Politik und Sicherheit im Fußball
Ein weiteres Thema, das die Diskussion bestimmt, sind die anfallenden Polizeikosten und die damit verbundenen Sicherheitsdebatten, die in der Politik immer wieder aufkommen. Göttlich kritisiert den Populismus, der oft auf die Probleme im Fußball projiziert wird und warnt davor, dass sicherheitspolitische Herausforderungen nicht alleine auf den Sport abgewälzt werden dürfen. Er sieht es als eine Ungerechtigkeit, dass 22 Millionen Menschen jährlich ins Stadion gehen, während die politische Diskussion oft bei wenigen Vorfällen eines sogenannten „Hooliganismus“ ansetzt.
Diese Aufregungen und Herausforderungen skizziert Göttlich als Teil einer größeren Problematik, die auch auf strukturelle Lösungen abzielt. „Wir müssen zurück zur Grundlage der Gesellschaft, die gemeinsame Werte und Verantwortung fordert“, erklärt er. Leipzig könnte von St. Pauli lernen, wie man diese Werte schöpferisch umsetzt, während die Großstadtklubs gezwungen sind, nicht nur absatzfördernde, sondern auch gemeinschaftsorientierte Entscheidungen zu treffen.
In Bezug auf die Champions League äußert sich Göttlich sehr kritisch. Ihm zufolge verschieben sich die Interessen der großen Fussballvereine weg von den nationalen Ligen hin zu einem Supermarkt von Clubs, was die Integrität des Wettbewerbs gefährdet. „Ich kann mich nicht für solch ein System begeistern”, sagt er, “es ist an der Zeit, den Sport wieder in den Vordergrund zu stellen und nicht nur in wirtschaftlichen Rahmen zu denken.”
Es steht außer Frage, dass der FC St. Pauli Rolle im deutschen Fußball sowohl respektiert, als auch kritisch hinterfragt wird. Göttlichs Äußerungen zur Struktur von RB Leipzig, der Rolle der Politik und der Verantwortung der Vereine tragen dazu bei, die Diskussion um Effizienz, Moral und Werte im modernen Fußball anzufachen. Der gesamte Verein wird gespannt auf das Spiel am Sonntag und die anschließenden Debatten verfolgen.