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„Extreme Hitze: Neue Berechnungen zeigen drohende Hitzerekorde auch in Europa“ – Experteninterview mit Sebastian Sippel vom Institut für Meteorologie der Universität Leipzig.

Experteninterview: Neue Studie zeigt Risiko von extremen Hitzerekorden in Europa

Extreme Temperaturen sind nicht mehr nur ein Problem in fernen Regionen, sondern könnten auch Europa betreffen. Eine neue Studie eines internationalen Forscherteams, an dem auch Sebastian Sippel, Juniorprofessor für Klima-Attribution am Institut für Meteorologie der Universität Leipzig, beteiligt war, hat herausgefunden, dass Rekordtemperaturen von über 50 Grad Celsius im Sommer in Europa möglich sind. In einem Experteninterview erläutert Prof. Sippel das neue Simulationsverfahren und welche Auswirkungen die Ergebnisse für Europa haben könnten.

Auch in diesem Sommer wurden neue Hitzerekorde aufgestellt, und der Juli erreichte den Titel des wärmsten Monats seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Prof. Sippel erklärt, dass solche extremen Temperaturen nicht ohne den Klimawandel möglich wären. In der Vergangenheit wurden bereits neue Rekorde in verschiedenen Regionen verzeichnet. Ein Beispiel dafür ist Lytton in Kanada, wo Temperaturen von 49,6 Grad Celsius gemessen wurden. Dieser Rekord übertraf den vorherigen Höchstwert um fast 5 Grad Celsius. Solche „pulverisierten Rekorde“ sind selten, aber sie können auftreten, wenn verschiedene Faktoren wie spezifische Wetterlagen, sehr trockene Böden und der fortschreitende Klimawandel zusammentreffen.

Die aktuelle Studie von Prof. Sippel und seinem Team konzentrierte sich darauf, das Risiko solcher Extremtemperaturen vorhersagen zu können. Durch physikalische Klimamodellsimulationen konnten sie zeigen, dass diese Temperaturen möglich sind. Die Forscher stoppten die Klimamodelle einige Wochen vor dem Auftreten von Hitzewellen und simulierten dann die Hitzewelle in vielen neuen Läufen, um ein besseres Verständnis für solche extremen Ereignisse zu erhalten. Die Ergebnisse zeigten, dass eine Abschätzung dieser Extremtemperaturen im Vorfeld möglich gewesen wäre. Damit ist es wichtig für Behörden, Infrastruktur und Unternehmen, sich auf solche Ereignisse vorzubereiten.

Allerdings betont Prof. Sippel auch, dass es sich bei diesen Modellen nicht um Wettervorhersagen handelt. Es ist nicht möglich, die Temperaturen für den nächsten Sommer oder eine bestimmte Region genau vorherzusagen. Es handelt sich vielmehr um eine Risikoabschätzung, um auf solche Ereignisse vorbereitet zu sein. Hitze stellt vor allem für ältere und kranke Menschen ein Gesundheitsrisiko dar. Ein Beispiel dafür ist Frankreich, wo Hitzewellen in den letzten Jahren stark zugenommen haben und 2003 etwa 15.000 Menschen aufgrund der Hitze gestorben sind. Die Behörden haben daher Hitzeaktionspläne erstellt und Szenarien entwickelt, um die Menschen bei extremen Temperaturen zu schützen.

Die Forschung von Prof. Sippel konzentriert sich auf das Verständnis von Klimavariabilität, Extremereignissen und deren Veränderungen auf globaler und regionaler Ebene. Dabei werden empirisch-quantitative, statistische und maschinelle Lernverfahren verwendet, um die Auswirkungen des Klimawandels auf den Wasser- und Kohlenstoffkreislauf zu untersuchen. Die Erkenntnisse aus dieser Forschung sind entscheidend, um die Auswirkungen des Klimawandels besser zu verstehen und angemessene Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung zu ergreifen.

Die Originalveröffentlichung der Studie ist in Nature Communications unter dem Titel „Storylines for unprecedented heatwaves based on ensemble boosting“ erschienen. Eine weitere Studie aus dem Jahr 2021 mit dem Titel „Increasing probability of record-shattering climate extremes“ beschäftigt sich mit dem Phänomen der pulverisierenden Rekorde.

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