
Fotoateliers sind aus Altenburg verschwunden
Der Nachlass des Altenburger Ateliers Kersten ist ein Schatz, denn die Fotos gewähren einen Blick in das Leben unserer Vorfahren. Doch für künftige Generationen wird es so etwas nicht mehr geben. Denn die Fotoateliers sind aus der Skatstadt verschwunden, bedauert LVZ-Autorin Ellen Paul.
Altenburg. Ob Herzog Ernst I. oder der Direktor der Aktienbrauerei, ob die obere Klasse der Landwirtschaftlichen Schule oder der Dackel des Verlegers Heinrich Pierer – sie alle saßen einmal artig vor der Kamera. Dass wir noch heute diese Fotos anschauen und somit einen einzigartigen Blick in die Vergangenheit erhaschen können, ist so bemerkenswert wie ungewöhnlich.
Zu verdanken ist dies zum einen der Akribie der Fotografen des Ateliers Kersten, die sämtliche Negative und die dazugehörigen Registerbücher fein säuberlich archivierten, und zum anderen dem Schloss- und Spielkartenmuseum, insbesondere seinem Direktor. Uwe Strömsdörfer macht mit dem gerade erschienenen Buch 290 der insgesamt über 20 000 historischen Fotos der Öffentlichkeit zugänglich.
Doch das ist noch nicht alles. Inzwischen hat die Digitalisierung des gesamten Kersten-Nachlasses begonnen. Die Hälfte ist schon geschafft, 700 davon sind auf der Internetseite der Deutschen Fotothek Dresden unter der Rubrik „Atelier der Fotografen“ abrufbar. Künftig soll es möglich sein, zu schauen, ob sich ein Vorfahre der eigenen Familie einmal hat fotografieren lassen. Schließlich waren Privataufnahmen das wichtigste Geschäftsfeld der damaligen Fotografen.
Das jedoch ist längst vorbei. Schon Anfang des 20. Jahrhunderts wurde es zunehmend schwerer, damit sein Geld zu verdienen. Erst durch die erstarkende Konkurrenz, dann durch die in Mode gekommene Hobbyfotografie. Seit dem Siegeszug des Handys allerdings droht dieser Berufszweig gänzlich auszusterben. Wenn jeder jederzeit das Smartphone zücken kann, sieht – abgesehen vielleicht von einer Hochzeit – niemand mehr die Notwendigkeit, in einem Atelier von einem Profi ein gut ausgeleuchtetes, qualitativ hochwertiges Erinnerungsfoto machen zu lassen.
In den Jahren 1906 und 1907 zählte Altenburg rund ein Dutzend Fotoateliers. Heute gibt es kein einziges mehr, lediglich noch Foto-Fachhandel-Geschäfte. So schwingt beim Lesen des Buches also auch eine gehörige Portion Wehmut mit.
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