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Ausstellung zum Freiheits- und Einheitsdenkmal in Leipzig startet im ziehharmonika-artigen Blechbau am Wilhelm-Leuschner-Platz

Leipzig: Ausstellung zum geplanten Freiheits- und Einheitsdenkmal

Leipzig. Der ziehharmonika-artige Blechbau am westlichen Rand des Wilhelm-Leuschner-Platzes erfüllt schon mal eine wichtige Funktion: Er sorgt für Aufmerksamkeit. Passanten bleiben stehen und schauen neugierig. Wer dieses Konstrukt kennt, ist bis 1989 in der DDR groß geworden. Wer diese historische „Raumerweiterungshalle“ (Baujahr 1975, Made In GDR) noch nie gesehen hat, dessen Neugier ist trotzdem geweckt.

Keine schlechten Voraussetzungen für eine Ausstellung, die im Inneren des Baus das Interesse für eines der umstrittensten Projekte der letzten Jahre in Leipzig wecken soll. Am 5. September startet hier die Wanderausstellung zum Freiheits- und Einheitsdenkmal in Leipzig. Geöffnet ist sie bis zum 9. Oktober, dem eigentlichen Leipziger Revolutions-„Feiertag“.

Nachdem die Idee, die Friedliche Revolution und die entscheidende Montagsdemonstration vom 9. Oktober 1989 mit einem Denkmal zu ehren, zwischenzeitlich schon vom Tisch war, kommt jetzt wieder Bewegung in das Verfahren. 2017 hatten Bundestag und Stadtrat den Weg freigemacht für den zweiten Denkmalsversuch.

„Wir haben als Stadt nicht lockergelassen“, sagte Kulturbürgermeisterin Skadi Jennicke (Linke) am Donnerstag bei der Vorstellung der Schau. Der Auftrag war damals vom Stadtrat an die in Leipzig ansässige Stiftung Friedliche Revolution gegangen, um diesmal die Zivilgesellschaft über einen Bürgerrat besser mitzunehmen. Vorstand Gesine Oltmanns war eine der prägendsten Figuren im Herbst 1989 beim Kampf gegen das SED-Regime gewesen. Das erste Prozedere habe Frust hinterlassen, so Oltmanns rückblickend.

Zweiter Anlauf mit Blick über „Tellerrand“

Sowohl für Jennicke als auch für Oltmanns ist deshalb klar, dass der zweite Anlauf gedanklich nicht in Leipzig und beim 9. Oktober 1989 stecken bleiben kann. „Wir brauchen ein Denkmal mit internationaler Ausstrahlung“, sagte Jennicke. Es müsse von Leipzig aus wirken, aber dann weit über die Stadtgrenzen nach Europa hinaus.

Oltmanns versteht die Ausstellung unter der Regie ihrer Stiftung und das geplante Denkmal vor allem „als Blick über den Leipziger Tellerrand“. Es gehe darum, das Andenken von 1989 wachzuhalten und nachfolgende Generationen im Kampf für demokratische Freiheiten zu ermutigen.

Wie stellen sich Denkmale heute auf?

Die Ausstellung selbst bezieht vor allem künstlerisch Stellung zur Frage, wie sich Denkmale und Erinnerungsorte heute aufstellen müssen. Am Eingang flimmern die legendären heimlichen Demo-Aufnahmen von Siegbert Schefke und Aram Radomsky, die 1989 via „ARD-Tagesthemen“ um die Welt gegangen waren. Und im Raum beziehen elf internationale Künstler und Künstlerinnen mit filmischen Arbeiten dazu Stellung.

„Wir wollen in den Dialog mit den Gästen kommen“, sagte Kuratorin Marlene Oeken. Denn eine Ausstellung über ein Denkmal, das es noch nicht gibt, wirft natürlich Fragen auf, so die Leipzigerin. Sie steht mit ihrem Jahrgang 1989 quasi dafür, dass das geplante Freiheitsdenkmal auch jüngere Generationen ansprechen soll.

Ab März 2024 künstlerischer Wettbewerb

Bis es so weit ist, wird es allerdings noch dauern. Jennicke verwies darauf, dass die Form des Denkmals auf dem Leuschnerplatz noch nicht festgelegt sei. Laufe es nach Plan, werde im März 2024 der künstlerische Wettbewerb ausgelobt, so die Kulturbürgermeisterin.

„Das Denkmal muss aber in der Gesamtgestaltung des Leuschnerplatzes aufgehen.“ Am 9. Oktober 2024 sollen dann die Siegerin oder der Sieger gekürt werden, passend zum 35. Jahrestag der Friedlichen Revolution. Baustart könnte ein Jahr später sein, am 9. Oktober 2025.

Millionen von Bund und Land Sachsen

Finanziell sind so weit die Weichen gestellt, auch wenn letzte Detailfragen noch offen sind. Drei Millionen Euro stehen bereits aus dem Kultur-Etat von Staatsministerin Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen) zur Verfügung. Sowohl Sachsen als auch die Stadt haben jeweils 1,5 Millionen Euro in Aussicht gestellt.

Die Ausstellung zum Freiheitsdenkmal werde nach dem Abschluss in Leipzig auf Wanderschaft gehen, kündigte Oltmanns an. Mit der „Raumerweiterungshalle“ auf Tour, um einen Augenblick der Geschichte, der 1989 in Leipzig begonnen hatte, in Erinnerung zu halten und dafür Interesse zu wecken. Hannover und Frankfurt/Main stünden zunächst auf dem Plan, so die Stiftungsvorsitzende. Mit dem DDR-Blechbau als Ausstellungshalle dürfte wieder viel Aufmerksamkeit garantiert sein.

LVZ