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1828: Die Gründung des weltbekannten Verlags Philipp Reclam jun. in Leipzig

Am 1. Oktober dieses Jahres feiert der weltbekannte Verlag Philipp Reclam jun. sein Jubiläum. Gegründet wurde der Verlag vor 195 Jahren, am 1. Oktober 1828, von Anton Philipp Reclam. Dieses Datum gilt als offizielles Gründungsdatum des Verlages. Die Anfänge des Verlages wurden uns in einem Artikel des Leipziger Tageblatts vom 8. Januar 1896 näher beschrieben.

Anton Philipp Reclam wurde am 28. Juni 1807 in Leipzig geboren. In seiner frühen Kindheit erlebte er die Völkerschlacht in Leipzig, bei der er die französischen Soldaten beobachten konnte, wie sie ihre Waffen weggeworfen haben, als die Kosaken und Baschkiren in die Stadt einmarschierten. Er warf dem hungernden Pferd eines Kosaken einen Apfel zu und beobachtete, wie dieser den Apfel mit seinem Pferd teilte. Diese kriegerische Zeit hatte einen starken Eindruck auf den jungen Anton Philipp Reclam hinterlassen.

Nach seiner Schulausbildung trat Anton Philipp Reclam im Jahr 1823 als Lehrling in die Schulbuchhandlung von Vieweg & Sohn in Braunschweig ein. Hier hatte er die Möglichkeit, sowohl den Buchhandel als auch den Buchdruck zu erlernen. Mit finanzieller Unterstützung seines Vaters übernahm er im Jahr 1837 die bereits bestehende Verlagsbuchhandlung „Literarisches Museum“ in Braunschweig. In dem damit verbundenen Lesecabinet verkehrten damals angesehene Leipziger Gelehrte und Literaten.

Zu Beginn kaufte Anton Philipp Reclam mit seinen Ersparnissen das erste Manuskript, eine Übersetzung aus dem Französischen, und veröffentlichte weitere Werke im Verlag. Im Jahr 1837 verkaufte er das „Literarische Museum“ und widmete sich fortan ausschließlich dem Verlagsgeschäft. Ab diesem Zeitpunkt nannte er seinen Verlag „Philipp Reclam junior“.

Anton Philipp Reclam konnte den Verlag stetig ausbauen und unabhängiger von Auftraggebern werden. Er erwarb eine gut eingerichtete Buchdruckerei und veröffentlichte Werke wie eine Bibelausgabe, Wörterbücher und das Liederbuch „Das singende Deutschland“. Von 1842 bis 1848 veröffentlichte der Verlag vorrangig politische Schriften, musste den Vertrieb jedoch aufgeben, als dieser für die kaiserlich österreichischen Staaten verboten wurde.

Besonders erfolgreich war die von Philipp Reclam bewirkte Shakespeare-Ausgabe, die immer wieder neu aufgelegt werden musste. Dieser Erfolg ermutigte den Verlag, auch günstige Ausgaben anderer Dichter zu veröffentlichen. Ab November 1867 wurden Werke verstorbener Autoren im Verlag öffentlich zugänglich, was zu einer Gesamtausgabe von Werken von Schiller, Lessing, Goethe, Körner, Hauff, Börne, Molière und Byron führte.

Parallel zu den klassischen Werkausgaben begann der Verlag am gleichen Tag mit einem Unternehmen, das sich zu einem bisher unbekannten Ausmaß im Buchhandel entwickeln sollte: die Universalbibliothek. Ziel dieser Reihe war es, Werke von Dichtern und Denkern für ein breites Publikum zugänglich zu machen sowie populärwissenschaftliche Schriften zu verbreiten. Diese Ausgaben erfreuten sich großer Beliebtheit und wurden in Millionenauflage verkauft.

Der Erfolg der Universalbibliothek führte zu einer Erweiterung der Geschäftsräume und zur Anschaffung von weiteren Druckpressen. Ein neues Gebäude in der Kreuzstraße Nr. 7 wurde errichtet, um der wachsenden Produktion gerecht zu werden. Heute befinden sich dort die Buchdruckerei, die Verlagshandlung und Lager für gedruckte Bücher und Stereotypplatten. Rund 100 Mitarbeiter sind in der Buchdruckerei beschäftigt.

Anton Philipp Reclam war auch in der Literaturszene gut vernetzt und stand in Kontakt mit bekannten Persönlichkeiten wie Julius Mosen, Heinrich Laube, Saphir, Herloßsohn, Charlotte Birch-Pfeiffer und Theodor Döring.

Der Verlag Philipp Reclam jun. hat seinen Wohlstand vor allem durch die Universalbibliothek begründet. Über drei Jahrtausende sind bisher in dieser Reihe erschienen und haben Millionen von Lesern auf der ganzen Welt erreicht. Die kleinen Heftchen mit den charakteristischen roten Umschlägen sind aus vielen Haushalten nicht mehr wegzudenken und haben dem Verlag weltweit Anerkennung verschafft.

Anton Philipp Reclam verstarb im hohen Alter, doch sein Vermächtnis wird fortbestehen. Sein Lebenswerk hat ein Denkmal geschaffen, das seinen Namen noch lange in der Welt der Gebildeten fortleben lässt.

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